Siemens Dialog
https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/angst-vor-der-axt
20.04.2024, 06:04 Uhr

"Angst vor der Axt"

  • 17.11.2009
  • Allgemein

- unter diesem treffenden Titel veröffentlichte die "Welt" einen Artikel über eine Erkenntnis, die aus dem Siemens-Konzern heraus allmählich an die Öffentlichkeit durchsickert: Die vergleichsweise ruhigen Zeiten im Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite weichen einer wachsenden Anspannung.

Derzeit auffälligstes Beispiel ist, auch im <link http: www.welt.de die-welt wirtschaft article5218443 die-angst-vor-der-axt.html _blank external-link-new-window>undefinedBericht der "Welt", der Konflikt um die geplante Ausgliederung, den Verkauf und die Teilschließung von EDM. Neben Eindrücken aus München vom Aktionstag verstärken zahlreiche andere Anzeichen den Verdacht, dass allmählich Schluss ist mit der seit dem Amtsantritt Peter Löschers vorherrschenden relativen Harmonie. Kommt nämlich in der betrieblichen Praxis von seinen Äußerungen wie etwa den demonstrativem Bekenntnissen zur Mitbestimmung (siehe "Notwendige Konsequenzen" - aber nicht "konzernweit") wenig an, bleibt die Wirkung auf der Strecke - vor allem, wenn die Krise den Spielraum auf allen Ebenen allmählich einschränkt.

"Angst und Enttäuschung"

"Angst und Enttäuschung" konstatiert die "Welt" daher an der Basis in den Betrieben, und findet reichlich Stimmen, die erklären warum das so ist. "Es wird diktatorisch mit Mitarbeitern umgegangen", krtisiert die Erlanger Betriebsrätin Doris Kindermann, ein leidendes Zusammengehörigkeitsgefühl beklagt Günter Motzet, Betriebsratsvorsitzender der Augsburger Niederlassung. Und seine Regensburger Kollegin Bettina Müller, aktuell Leiterin der Gesamtbetriebsratsprojektgruppe für EDM, fasst unumwunden zusammen: "Es herrscht allgemeiner Frust."

Veränderte Firmenkultur nicht nach unten durchgesetzt

Die stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende Birgit Steinborn legt den Finger auf die Wunde, indem sie die Kluft zwischen manchen Richtungsvorgaben vom Wittelsbacherplatz und dem Vorgehen niedrigerer Management-Ebenen beim Namen nennt: "Die von Löscher vorgegebene und selbst gelebte Veränderung der Firmenkultur hat sich leider noch nicht nach unten in allen Geschäftsbereichen durchgesetzt"; unter dem wachsenden wirtschaftlichen Druck reagiert nach ihrer Einschätzung das Management teilweise "in Panik und handelt dann nicht mehr verantwortungsvoll".

Aufhebungsvertrag über Nacht

Ein Beispiel dafür ist die mancherorts allgegenwärtige Präsenz von Aufhebungsangeboten. "Da sollen sich Mitarbeiter über Nacht überlegen, ob sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben", kritisiert Müller. Auch frühere Methoden wie Aufhebungsangebote per Post, kollektive Aufhebungsgespräche mit mehreren Beschäftigten gleichzeitig oder - eigentlich per Gesamtbetriebsvereinbarung ausgeschlossene - Aufhebungsangebote an Schwerbehinderte kommen wieder vor (siehe Bessere Chancen für Schwerbehinderte). Woran es liegt, erklärt die Gesamt- und Schwerbehindertenvertreterin Gerlinde Aumiller: "Wenn der Druck groß ist, vergisst man solche Vorgaben wohl." Auch sie vermutet weniger mangelnden Willen, als Reibungsverluste auf dem Weg in die einzelnen Betriebe: "Ich bin seit 30 Jahren bei Siemens und weiß, wie lange es dauert, bis eine solche Vereinbarung die Hierarchiestufen hinuntertröpfelt."