Siemens Dialog
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16.04.2024, 21:04 Uhr

Arbeitskosten kaum gestiegen

  • 16.12.2011
  • Allgemein

Die Arbeitskosten in der deutschen Privatwirtschaft sind im Jahr 2010 lediglich um 0,6 Prozent gestiegen. Die Zunahme beträgt nicht einmal die Hälfte des ohnehin moderaten EU-Durchschnitts - noch niedriger liegen nur Griechenland und Irland.

Kosten pro Arbeitsstunde 2010<br>(Grafik zum Vergrößern anklicken)

Arbeitskosten im Mittelfeld

Wie die Hans <link http: www.boeckler.de _blank external-link-new-window hbs>undefinedBöckler-Stiftung mitteilt, hat sich damit trotz erheblichen Wirtschaftswachstums 2010 der langjährige Trend fortgesetzt, nach dem die Arbeitskosten in Deutschland deutlich langsamer steigen als in den anderen EU-Ländern. Nach zehn Jahren dieses Trends ist die Kritik an den angeblich ach-so-überzogenen Arbeitskosten in Deutschland endgültig überholt: Ein siebter Platz mit 29,10 Euro pro Arbeitsstunde bedeutet Mittelfeld, deutlich hinter Ländern wie Belgien, Schweden und Frankreich.

Lohnstückkosten steigen nur langsam

Auch die Lohnstückkosten, also die Arbeitskosten im Verhältnis zur Produktivitätsentwicklung, sind in Deutschland seit dem Jahr 2000 weitaus langsamer angestiegen als im Rest der EU. Im Jahresmittel wuchsen sie um nur 0,6 Prozent, gerade einmal ein Drittel des Euroraum-Durchschnitts.

Ungleichgewicht zu Lasten der Handelspartner

Was auf den ersten Blick hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit erfreulich wirkt, weckt bei Wissenschaftlern erhebliche Bedenken. Dass Deutschland nämlich seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den übrigen EU-Ländern kontinuierlich erhöht, hat eine Kehrseite - die Balance zwischen Außenhandel und Binnennachfrage gerät aus dem Gleichgewicht und fördert damit die Unterschiede im Euroraum. Experten machen diese Entwicklung als wesentliche Ursache der Euro-Krise der Währungsgemeinschaft aus: Ständig wachsende Bilanzüberschüsse gehen "in einer Währungsunion zu Lasten der Nachbarn, die wichtige Handelspartner sind", betont Gustav Horn, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung.

Einseitige Ausrichtung ...

Horn kritisiert, viele Arbeitgebervertreter, Ökonomen und Politiker seien einseitig auf die schwache Entwicklung der Arbeitskosten und warnt, "Die aktuelle Krise zeigt uns: Das ist ein Rezept mit schweren Nebenwirkungen." Um diese Entwicklung zu korrigieren, müssen nach Einschätzung der Wissenschaftler beide Pole - die Krisenländer mit zu stark gesteigenen Arbeitskosten und die Länder mit großen Leistungsbilanzüberschüssen - sich aufeinander zu bewegen.

... mit Korrekturbedarf

Nach Einschätzung Horns ist dieser Ansatz alternativlos, und bringt zudem andere positive Effekte mit sich. Gestärkte Lohnentwicklung und Binnennachfrage in Deutschland leiste einen nachhaltigen Beitrag zum Abbau der Ungleichgewichte im Euroraum nachhaltig abzubauen, und: "Sie beteiligt endlich die Arbeitnehmer an den Wachstumsgewinnen des vergangenen Jahrzehnts."