Siemens Dialog
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24.04.2024, 23:04 Uhr

"Auftragseingänge und Produktion in freiem Fall"

  • 20.04.2009
  • Allgemein

Während sich in der Finanzbranche eine unerwartete Erholung abzeichnet, rutscht die so genannte Realwirtschaft unvermindert ab. Die aktuelle wirtschaftspolitische Analyse der IG Metall konstatiert in ihrem Organisationsbereich einen steilen Abwärtstrend bei Aufträgen und Produktion.

Industrielle Produktion im Organisationsbereich der<br>IG Metall (zum Vergrößern bitte anklicken)

Beschäftigungsperspektiven werden bedrohlicher

Die weltweite Krise trifft nach der Analyse die deutsche Industrie besonders stark mit rückläufigen Investitionen in der Metall- und Elektroindustrie: "Auftragseingänge und Produktion befinden sich im freien Fall. Wann die Talsohle erreicht sein wird, kann zur Zeit niemand vorhersagen." Die gute Nachricht: "Dank der Kurzarbeit hält sich der Beschäftigungsabbau derzeit noch in Grenzen." Grund zu entspanntem Zurücklehnen ist diese naturgemäß befristete Situation dennoch keineswegs. Die Beschäftigungsperspektiven werden tendenziell bedrohlicher, so dass alles unternommen werden muss, um Beschäftigung und Produktionsstrukturen für die Zukunft abzusichern.

Rückgang bei Aufträgen ...

Der Auftragseingang als einer der wichtigsten Frühindikatoren ist seit zehn Monaten in Folge rückläufig. Der Einbruch begann im Mai 2008 und verstärkte sich seit monatlich; in den ersten zwei Monaten des Jahres 2009 brachen die Aufträge jeweils im Vergleich zum Vormonat um rund vierzig Prozent ein, verteilt auf 33 Prozent im Inland und 45 im Ausland.

... Produktion ...

Zu den Auftragseingängen zeitversetzt sinkt auch die Produktion. In der M+E-Industrie begann der Rückgang im vierten Quartal 2008 mit sieben Prozent, im Januar und Februar 2009 lag sie kalenderbereinigt etwa ein Viertel unter dem Vorjahresniveau. Für die nächsten Monate ist mindestens mit einer ähnlichen Entwicklung zu rechnen, die Prognosen verschlechtern sich seit Monaten zunehmend und reichen derzeit von minus 9,6 bis  minus 14,6 Prozent.

... und Beschäftigung

Auf die in den beiden letzten Jahren konjunkturell gestiegene Beschäftigung in der M+E-Industrie wirkt sich die Entwicklung seit September 2008 mit rund 70.000 entfallenen Arbeitsplätzen rückläufig aus. Im März 2009 planten 44 Prozent der Betriebe schon für die kommenden Monate einen Beschäftigungsabbau, 55 Prozent wollen sie wenigstens konstant halten - prakitsch nirgendwo jedoch sind Einstellungen geplant. Wie hoch die aktuelle Zahl der Kurzarbeiter und der Arbeitsausfall in der M+E-Industrie sind, lässt sich derzeit nur schätzen. Alarmierend sind in jedem Fall Berechnungen krisenbedingter Überkapazitäten auf Basis der aktuellen Produktionsprognosen - die Rede ist von bis zu 540.000 der insgesamt 3,6 Millionen M+E-ArbeitnehmerInnen (Stand Mitte April).

IG Metall fordert drittes Konjunkturprogramm

Die IG Metall fordert angesichts dieser Zahlen ergänzend zu ihrem Sieben-Punkte-Programm vom Dezember 2008 und dem neuen Aktionsplan "Aktiv aus der Krise – Gemeinsam für ein gutes Leben", ein drittes Konjunkturprogramm vorzubereiten. Die bestehenden Konjunkturprogramme der Bundesregierung bewertet sie als zu klein dimensioniert. Neben den schon umgesetzten Förderungen von Kurzarbeit und Qualifizierung fordert sie die erneute Förderung der Altersteilzeit sowie ein auf 24 Monate verlängertes Kurzarbeitergeld für Zeitarbeiter und befristet Beschäftigte. Zur Absicherung der Unternehmen fordert sie darüber hinaus, deren Finanzierung durch öffentliche Beteiligung an der Realwirtschaft nicht zum Tabu zu erklären und dazu einen Beteiligungsfonds von 100 Milliarden Euro bereitzustellen.