Siemens Dialog
https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/aus-fuer-gefaelligkeitstarife
17.04.2024, 01:04 Uhr

Aus für Gefälligkeitstarife

  • 15.12.2010
  • Allgemein

Jahrelang war die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalagenturen Leiharbeitsunternehmen gefällig, die ihren Gewinn mit Dumping-Löhnen steigerte und dafür eine tarifliche Pseudo-Legitimation brauchten. Nun hat das Bundesarbeitsgericht der CGZP die Tariffähigkeit abgesprochen, Ver- und Entleihbetrieben stehen mögliche Nachforderungen in Milliardenhöhe ins Haus.

BAG: Kalter Wind für Dumping-Tarife.

Tarifrechtliche Voraussetzungen nicht erfüllt

Am Dienstag <link http: juris.bundesarbeitsgericht.de cgi-bin rechtsprechung _blank external-link-new-window bag>undefinedbestätigte das Bundesarbeitsgericht, was früher schon niedrigere Instanzen entschieden hatten (siehe Christliche Zeitarbeitsgewerkschaften nicht tariffähig): "Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) ist keine Spitzenorganisation, die in eigenem Namen Tarifverträge abschließen kann. Sie erfüllt die hierfür erforderlichen tarifrechtlichen Voraussetzungen nicht."

IG Metall begrüßt Urteil

Die IG Metall begrüßt das nicht mehr revidierbare Urteil, das den Gefälligkeitstarifen der "Christlichen" nicht nur für die Zukunft einen Riegel vorschiebt, sondern auch früher geschlossene Verträge kippt. IG Metall-Justiziar Thomas Klebe fasst zusammen: "Mit diesem Beschluss steht fest, dass die mit der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind und alle danach bezahlten Beschäftigten - im Rahmen der Verfall- und Verjährungsfristen Anspruch auf gleiche Bezahlung und gleiche Arbeitsbedingungen wie die Stammbeschäftigten haben." Und: "Wenn kein gültiger Tarifvertrag vorliegt, sind die Verleihunternehmen verpflichtet, allen Leiharbeitern rückwirkend die Differenz zu den regulären Tariflöhnen der Stammbeschäftigten nachzuzahlen."

Nachforderungen von LeiharbeitnehmerInnen ...

Vor diesem Hintergrund rechnet der Jurist mit zunehmenden Klagen von LeiharbeitnehmerInnen zu rechnen, die in der Vergangenheit nach einem jetzt als unwirksam eingestuften CGZP-Tarif bezahlt wurden. Die IG Metall hat bereits kurz nach dem Urteil angekündigt, die Betroffenen bei Geltendmachung ihrer Ansprüche zu unterstützen - für viele von ihnen gute Aussichten, für zahlreiche Unternehmen eine teure Angelegenheit.

... und Sozialkassen

Nochmals teurer kann es für Betriebe, die bislang per christlichem Tarif Geld sparten, auch in Sachen Sozialversicherung werden. Auf Ver- und Entleihunternehmen kommen massive Nachforderungen zu, wenn sich die Sozialversicherungsträger auf Basis des BAG-Urteils zu niedrig entrichtete Beiträge für die letzten vier Jahre holen. Die IG Metall hat die bekanntlich chronisch klammen Sozialkassen bereits <link http: www.igmetall.de cps rde xchg internet style.xsl pressemitteilungen-2010-6686.htm _blank external-link-new-window ig>undefinedaufgefordert, umgehend in diese Richtung aktiv zu werden - immerhin geht es Schätzungen zufolge um 500 bis 600 Millionen Euro pro Jahr.

Schnelles Handeln geboten

"Das Urteil ist gut für die Sozialkassen. Jetzt müssen sie sich Finanzmittel sichern, die ihnen durch Lohn-Dumping verloren gegangen sind", mahnt Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Dabei ist schnelles Handeln geboten, weil zum Jahresende entsprechende Ansprüche für das Jahr 2006 bereits verfallen, erklärt Klebe: "Die Sozialkassen müssen die Beiträge noch vor dem Jahreswechsel einfordern. Sonst verschenken sie viel Geld."