Siemens Dialog
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29.03.2024, 09:03 Uhr

Einigung bei Siemens Enterprise Communications

  • 15.04.2008
  • Konzern

Nach langwierigen Verhandlungen sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite bei Siemens Enterprise Communications zu einer Einigung über den bevorstehenden Personalabbau gelangt. Sie hing bis zuletzt am seidenen Faden: Gesamtbetriebsrat und IG Metall forderten für den nach einem eventuellen Verkauf anstehenden Abbau die selben Bedingungen wie für den davor - Siemens lenkte schließlich ein.

Am Montag Nachmittag stimmten die Arbeitneh-mervertreter der entsprechenden Vereinbarung zu. Die seit Monaten andauernden Sozialplanverhandlungen über den im Februar angekündigten Abbau von 1.240 Stellen bei SEN sind damit abgeschlossen.

Gleiche Bedingungen für alle Betroffenen

Größter Streitpunkt war in ihrer Endphase der angekündigte zusätzliche Abbau von bis zu 800 weiteren Stellen, der erst nach dem Verkauf erfolgen soll. Der Gesamtbetriebsrat war nur bereit dem Gesamtpaket zuzustimmen, wenn die Anwendung und Finanzierung der ausgehandelten Bedingungen auch für die davon betroffenen Beschäftigten gewährleistet wurde.

Freiwillige Vereinbarungen als Basis

Die Vereinbarung sieht vor, den Personalabbau durch freiwillige Vereinbarungen mit den Beschäftigten umzusetzen. Durch bereits erfolgte Versetzungen und Altersteilzeitangebote für 262 Mitarbeiter verbleiben 822, denen Bildungsangebote mit anerkanntem IHK Abschluss, Eintritt in eine Transfergesellschaft mit einer 24-monatigen Laufzeit und Aufhebungsverträge mit Abfindungszahlungen angeboten werden. Die Abfindungshöhe entspricht den bei Siemens üblichen, regional differenzierten Regelungen und variiert wie üblich danach, ob der bzw. die jeweilige Mitarbeiter/In in die Transfergesellschaft eintritt oder nicht. Bei Eintritt reduziert sich die Abfindung auf 70 Prozent.

Umfassendes Qualifizierungspaket

Neu ist das umfassende Qualifizierungspaket, das den Betroffenen die Möglichkeit bietet, einen neuen qualifizierten und durch die IHK anerkannten weiteren Berufsabschluss zu erlangen. Die Ausbildung findet im Rahmen der Transfergesellschaft statt und wird besonders attraktiv gestaltet: Sobald der Mitarbeiter seine Zwischenprüfung oder Abschlussprüfung erfolgreich abgelegt hat, wird er für die Dauer der zurückgelegten Ausbildungszeit auf 100 Prozent seines bisherigen Entgelts angehoben. Siemensianer mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren erhalten für die ersten 12 Monate einen vollen Ausgleich des Gehaltsverlustes, wenn der Neueinstieg im Siemens-Konzern mit geringerem Entgelt verbunden ist.

Mit diesem Qualifizierungspaket, das auch hoch qualifizierten Beschäftigten Möglichkeiten für neue Abschlüsse beispielsweise auf Bachelor-Niveau bietet, wird Neuland betreten. Einem großen Teil der vom Personalabbau Betroffenen bietet sich damit eine gute Chance der beruflichen Neuorientierung; gleichzeitig begegnet Siemens dem oft beklagten Fachkräftemangel, und zu guter Letzt wird der Arbeitsmarkt entlastet. Die Betriebsräte werden die Betroffenen in den nächsten Wochen über diese Chancen informieren.

Chance für viele Beschäftigte

Der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer und sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Oliver Burkhard kommentierten, es sei grundsätzlich natürlich "immer bitter, wenn die Beschäftigten für Fehler des Managements die Zeche zahlen müssen." Die von IG Metall und Siemens abgeschlossene tarifliche Sonderregelung, die betriebsbedingte Kündigungen bis September 2009 ausschließt, bot jedoch eine starke Verhandlungsposition, aus der heraus man vergleichsweise günstige Regelungen für die betroffenen Beschäftigten erreichen konnte: "Sie bietet für viele Beschäftigte die Chance auf eine berufliche Weiterentwicklung und die Vermeidung der Arbeitslosigkeit."

Perspektive für SEN

Der SEN-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Walter Bläßing betonte noch einmal, was angesichts der derzeit unerwartet guten Geschäftsentwicklung aus Beschäftigtensicht von herausragender Bedeutung ist: die hervorragenden, absolut wettbewerbsfähigen Produkte auch erfolgreich an den Markt zu bringen. Dafür gibt es nun eine entscheidende Bedingung: "Dies wird am besten gelingen, wenn die Entscheidung für einen Investor fällt, der hinter dem Geschäft steht und für überzeugende Perspektiven sorgt."