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23.04.2024, 09:04 Uhr

Entscheidung gegen Scheinwerkverträge

  • 02.08.2013
  • Allgemein

Ein kleiner, aber bemerkenswerter Schlag gegen missbräuchliche Werkverträge: Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat für zwei bei Daimler eingesetzte IT-Techniker ein Arbeitsverhältnis mit dem Automobilhersteller festgestellt. Zieht das Unternehmen nun vors Bundesarbeitsgericht, könnte ein wichtiges Grundsatzurteil fallen.

Ausweichen von Leiharbeit auf Werkverträge

Nachdem der Missbrauch von Leiharbeit für Lohn-Dumping aufgrund von Regulierung, Präzedenzurteilen im Sinne der Betroffenen und nicht zuletzt im Jahr 2012 durchgesetzter tariflicher Regeln schwerer geworden ist, weichen unverkennbar immer mehr Unternehmen auf Werkverträge aus. Mangels wirkungsvoller gesetzlicher Maßnahmen sind hier noch manchen Wildwest-Methoden möglich. Allmählich steigt indes die öffentliche Aufmerksamkeit, unter anderem durch spektakuläre Undercover-Reportagen im Fernsehen.

Auch Daimler war von einer solchen Reportage bereits betroffen und rückte ungewollt ins Rampenlicht - das Urteil des Landesarbeitsgerichtes in Stuttgart (<link http: www.lag-baden-wuerttemberg.de servlet pb menu _blank external-link-new-window>LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.08.2013 (2 Sa 6/13)) dürfte da nochmals einen draufsetzen. Konkret ging es um den Fall zweier IT-Experten, die im Auftrag eines IT-Systemhauses jahrelang bei Daimler eingesetzt waren. Aufgrund ihrer Einbindung in die dortigen Prozesse, unter anderem mit regelmäßigen unmittelbar von Stammmitarbeitern an sie erteilten Weisungen, entstand nach ihrer Auffassung in dieser Zeit ein festes Arbeitsverhältnis.

In Betrieb eingegliedert und Weisungen unterworfen

Eine entsprechende Klage wurde in erster Instanz vom Arbeitsgericht Stuttgart abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hingegen gab ihr statt und begründet, der Einsatz der Kläger sei in unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung und nicht im Rahmen eines Werkvertrages erfolgt. Maßgeblich ist dabei die Frage "ob die Arbeitnehmer in den Betrieb [...] eingegliedert gewesen sind und arbeitsvertragliche Weisungen erhalten haben. [...] Dabei kommt es nicht auf die vertraglichen Vereinbarungen [...] an, wenn die Vertragsverhältnisse tatsächlich so nicht gelebt worden sind".

Mit anderen Worten: Der formal schönste Werkvertrag nutzt nicht, wenn die betroffenen Beschäftigten in der Praxis eben doch arbeiten, als gehörten sie zum Unternehmen. Daimler will nach Prüfung der ausführlichen Urteilsbegründung entscheiden, ob man in die nächste und letzte Instanz geht. Bekommen die Kläger am Ende recht, beginnt sich auch beim Missbrauch von Werkverträgen ein Schlupfloch zu schließen - man darf gespannt sein.