Siemens Dialog
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20.04.2024, 15:04 Uhr

Gegen die unsoziale Portfoliopolitik

  • 19.11.2009
  • Allgemein

… demonstrierten am Donnerstag Morgen 500 Siemens-Beschäftigte und Betriebsräte im Vorfeld der jährlichen Betriebsräteversammlung in Hannover. Die eigentlich ‚nur’ als Erinnerung an ausgelagerte und verkaufte Ex-Siemens-Bereiche geplante Aktion gewann durch aktuelle Konfliktherde - EDM, mdexx und der Low Voltage-Bereich im Berliner Schaltwerk - erheblich an Umfang.

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Mdexx- und EDM-Beschäftigte waren in der Nacht nach Hannover gekommen, so dass am Morgen eine beeindruckende Menschenmenge zusammenkam.

Klima wird frostiger

Dieter Scheitor, Siemens-Unternehmensbetreuer der IG Metall und für die IG Metall im Aufsichtsrat der Siemens AG, begrüßte die TeilnehmerInnen und umriss die aktuelle Situation bei Siemens. Das Klima wird spürbar frostiger, und dafür ist nicht allein die Krise der Grund. Portfolioentscheidungen ohne Rücksicht auf innerhalb Siemens gewachsene Strukturen werden immer wieder einzelne Geschäftsbereiche zur Disposition gestellt - selbst wenn sie schwarze Zahlen schreiben.

Scheitor forderte unter dem Beifall der Kundgebung: „Es muss endlich Schluss sein mit der unsozialen Portfoliopolitik bei Siemens, bei der auch profitable Bereiche mehr oder weniger willkürlich aufgegeben, verkauft oder verlagert werden! Die Beschäftigten, die Betriebsräte und die IG Metall werden sich dieses Vorgehen nicht gefallen lassen.“

Schnellschüsse aufs Portfolio: Nicht mit den ArbeitnehmerInnen

Bettina Haller, Siemens-Konzernbetriebsratsvorsitzende und Aufsichtratsmitglied, wies auf Tausende von Arbeitsplätzen hin, die in den vergangenen Jahren aus dem Unternehmen abgeschoben, ins Ausland verlagert oder abgebaut wurden. Die dahinter stehenden Argumente sind in vielen Fällen betriebswirtschaftlich nicht nachzuvollziehen, so Haller: „Statt dessen werden unüberlegt Entscheidungen getroffen und anschließend  ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen. Aber das machen wir nicht mit, und deshalb stehen wir heute zusammen hier.“

... und der Ergänzungstarif?!?

Sibylle Wankel, Tarifspezialistin der IG Metall Bayern und ebenfalls Aufsichtratsmitglied, äußerte sich zum Ergänzungstarifvertrag, den die IG Metall bekanntlich schon vor Jahren speziell für Siemens abgeschlossen hat. Beschäftigte leisten dafür deutschlandweit Verzicht, um ihre Arbeitsplätze bei Siemens zu sichern. Die Portfoliopolitik jedoch untergräbt diesen Vertrag jedesmal, wenn ein davon betroffener Bereich - wie derzeit EDM - trotzdem in Frage gestellt wird.

Oft stehen dahinter nicht einmal ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten, so Wankel, sondern willkürliche Gründe: „Weil irgendjemand findet, dieser oder jener Bereich passt auf einmal nicht mehr zum restlichen Geschäft.“ Dieses Vorgehen bedroht zudem langfristig Siemens insgesamt: Verkleinert Siemens sein Portfolio jedesmal, wenn in einem trotz allem profitablen Geschäft dem Vorstand die Marge zu niedrig ist, wird die Basis so schmal, dass das Unternehmen immer anfälliger für befristete Schwankungen und Krisen wird.