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19.04.2024, 22:04 Uhr

Investitionen statt Steuersenkungen

  • 19.06.2009
  • Allgemein

Angesichts der Steuersenkungspläne der Bundesregierung hat die IG Metall ihre Forderung wiederholt, statt dessen ein drittes Konjunkturpaket auf den Weg zu bringen. Obwohl derzeit die Kurzarbeit noch Hunderttausende von Arbeitsplätzen sichert, ist mit einer starken Zunahme der Arbeitslosigkeit zu rechnen, wenn die Politik nicht entschlossen gegensteuert.

Mit dem massiven Abbau von Leiharbeitsplätzen vor allem in der Metall- und Elektroindustrie zeichnet sich diese Gefahr bereits heute unübersehbar ab. In der Juni-Ausgabe ihrer wirtschaftspolitischen Analysen "<link http: www.igmetall.de cps rde xbcr internet docs_ig_metall_xcms_147009__2.pdf _blank external-link-new-window>undefinedWirtschaft aktuell" schlägt die IG Metall daher schnell wirksame Konjunkturmaßnahmen vor, die direkte Wachstumsimpulse setzen. Die bisherigen Maßnahmen bewertet sie als unzureichend, um die Beschäftigung im erforderlichen Umfang zu sichern.

Nachfrage stärken statt Steuern zu senken

"Wir fordern ein drittes Konjunkturpaket, das nicht auf Steuersenkungen setzt. Dieses Konjunkturpaket muss mit öffentlichen Aufträgen die Nachfrage stärken und damit Arbeitsplätze sichern", erklärt IG Metall-Wirtschaftsexperte Martin Krämer. Die von der IG Metall entwickelte und äußerst erfolgreiche Abwrackprämie und das einmalig erhöhte Kindergeld sind ein guter Ansatz, reichen jedoch nicht aus. Die IG Metall regt deswegen ein Zukunftsinvestitionsprogramm "Arbeit-Bildung-Umwelt" an, in dessen Rahmen in den nächsten drei Jahren 100 Milliarden Euro in Infrastrukturprojekte investiert werden sollen.

Alarmierende Anzeichen

Hintergrund dieser Forderungen sind die alarmierenden Anzeichen auf dem Arbeitsmarkt. Seit dem vierten Quartal 2008 steigt die Arbeitslosigkeit wieder an, im Mai 2009 gab es mit knapp 3,5 Millionen Arbeitslosen saisonbereinigt schon 220.000 mehr als im Oktober 2008. Wirtschaftsforscher sagen bis 2010 bis zu 4,7 Millionen Arbeitslose vorher. Besonders stark ist nach der bisherigen Entwicklung offenbar der Metallbereich betroffen. Im Mai 2009 registrierte die Bundesagentur für Arbeit rund 310.000 Arbeitslose mit Metallberufen, 130.000 mehr als im Oktober 2008. Die Zahl der offenen Stellen in diesem Bereich ging gleichzeitig um die Hälfte zurück.

Leiharbeiter besonders betroffen

Besonders hart treffen die Entlassungen Beschäftigte in Leiharbeit. Nach Einschätzung des Bundesverbands Zeitarbeit ging ihre Anzahl von Juli 2008 bis April 2009 um 300.000 auf 500.000 zurück, eine weitere Abnahme steht zu erwarten. Um die Leiharbeitsplätze zu schützen, fordert die IG Metall ein Verbot der so genannten Synchronisation, nach der Leiharbeitsfirmen Arbeitsverträge an die Dauer eines bereits akquirierten Einsatzes in einem Entleihbetrieb binden.

Kurzarbeit sichert Arbeitsplätze

Die Kurzarbeit hat sich erwartungsgemäß als wirksame Bremse für den Ansteig der Arbeitslosigkeit erwiesen. Während die gesamtwirtschaftliche Produktion im vierten Quartal 2008 und ersten 2009 saisonbereinigt um sechs Prozent schrumpfte, ging die Zahl der Erwerbstätigen nur um 0,5 Prozent zurück. Parallel schnellt die Zahl der Kurzarbeiter von 71.000 auf über 1,2 Millionen empor. Die wichtige Kennzahl der konkreten Ausfallzeiten lag nach den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit bei 34,5 Prozent des regulären Arbeitsvolumens - das entspricht einem Arbeitsausfall von gut 430.000 Vollzeitstellen.

Auch hier entfällt ein großer Anteil auf Metallindustrie, wo die Produktion seit Oktober saisonbereinigt um 25 Prozent sank, die Zahl der Beschäftigten durch Kurzarbeit jedoch 'nur' um drei Prozent. Mittlerweile werden in der M+E-Industrie gut 730.000 Kurzarbeiter gezählt - fast 60 Prozent aller registrierten Kurzarbeiter (Grafik). Damit sichert die Kurzarbeit hier derzeit etwa 240.000 Arbeitsplätze. Darüber hinaus trägt sie dazu bei, Qualifikationen und eingespielte Prozesse in den Betrieben zu erhalten.

Der Damm hält - noch

Das der Arbeitsmarkt im Vergleich zu den dramatischen Produktionsrückgängen bisher noch erstaunlich stabil bleibt, ist nach einhelliger Überzeugung also der Kurzarbeit zu verdanken. Diese Wirkung des "Damms Kurzarbeit" kann aber keineswegs unbefrenz anhalten; Wirtschaftsforschungsinstitute gehen von einem Schrumpfen der gesamtwirtschaftlichen Produktion im Jahr 2010 um bis zu sechs Prozent aus, was den Prognosen zufolge zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 4,7 Millionen (11,2 Prozent) führen könnte.

In der M+E-Industrie sieht es noch düsterer aus, den Einschätzungen zufolge wird dort in diesem Jahr ein Produktionsrückgang von bis zu 18 Prozent erwartet. Vor diesem Hintergrund stehen rechnerisch über 600.000 Arbeitplätze auf der Kippe.

Schnelle Maßnahmen, nachhaltiges Wachstum

Die auf Initiative der IG Metall ab Juli 2009 von 18 auf 24 Monate verlängerte Kurzarbeit und die anderen konjunkturstützenden Maßnahmen der Bundesregierung sind unter diesen Rahmenbedingungen nicht auszureichend. Für 2009 stützt die Regierung die Konjunktur zwar mit rund 32 Milliarden Euro, was 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht; der Wachstumseffekt jedoch liegt nur bei 0,6 Prozentpunkten, was rechnerisch höchstens 180.000 Arbeitsplätze sichern kann.

Bei einer Nachfragekrise kommt es vor allem darauf an, Wachstumsimpulse zu setzen. Bricht das Wachstum also um sechs Prozent ein, müssen die Konjunkturhilfen spürbar erhöht werden - mit einem Konjunkturpaket III. Entscheidend für dessen Wirksamkeit sind schnell wirkende Maßnahmen, weswegen die IG Metall eine sofortige Erhöhung der Hartz IV-Sätze und die Ausgabe von Konsumschecks anmahnt. Um im zweiten Schritt nachhaltiges Wachstum zu sichern, könnte das Zukunftsinvestitionsprogramm "Arbeit-Bildung-Umwelt" dauerhafte und zielgerichtete Investitionen ermöglichen.