Siemens Dialog
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25.04.2024, 07:04 Uhr

Keine betriebsbedingten Kündigungen, außer ...

  • 15.09.2009
  • Allgemein

... es ist wirklich dringend - so könnte man provozierend die "Hinweise zum Umgang mit personellen Auswirkungen aufgrund von strukturellen Themen und dauerhaften Volumensrückgängen" zusammenfassen, die Siemens Ende vergangener Woche an seine Personalabteilungen verschickte. Eines scheint damit klar: Begehrlichkeiten in Sachen Stellenabbau zeichnen sich ab.

Der Wirtschaftsausschuss des Gesamtbetriebsrates wurde über diese Hinweise zeitgleich mit den Plänen zur organisatorischen Betriebsabspaltung von SIS (siehe SIS - das nächste Kapitel) in München informiert.

Bei "Notwendigkeit zu Personalanpassungsmaßnahmen" ...

Das Corporate Human Ressources-Schreiben enthält eingangs die grundsätzliche Absicht Siemens': Man will "wie bisher, alle Anstrengungen unternehmen, damit in Deutschland keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden müssen." Warum aber muss man das eigentlich gerade jetzt extra betonen? Weil Siemens sich Gedanken für den Fall macht, es könnte in absehbarer Zeit "in Folge von strukturellen Themen [...] oder aufgrund von dauerhaften Volumensrückgängen eine Notwendigkeit zu Personalanpassungsmaßnahmen bestehen".

Damit ist durch die Hintertür das eigentliche Thema des Schreibens angekündigt, nämlich die Vorbereitung auf einen möglichen Stellenabbau über das aktuell laufende tröpfchenweise Reduzieren (siehe "Politische Lumperei") hinaus. Im Fokus stehen dabei die erwähnten zwei Ursachen, also "strukturelle Themen" und "dauerhafte Volumensrückgänge". In beiden Fällen setzt man erst einmal auf die Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen durch Maßnahmen nach der Gesamtbetriebsvereinbarung zu beschäftigungssichernden Maßnahmen.

... "können auch betriebsbedingte Kündigungen notwendig sein"

Werden allerdings, so das Schreiben weiter, bei strukturellen Restrukturierungen die Ziele "trotz aller Anstrengungen" nicht durch sozialverträgliche Maßnahmen erreicht, so "können auch betriebsbedingte Kündigungen notwendig sein" - eine klare Ansage.

Ebenfalls unzweideutig ist die Position im Zusammenhang mit dauerhaften Volumensrückgängen. Hier erklärt Siemens ohne Umschweife, diese "werden an einzelnen Standorten eine dauerhafte Reduktion von Arbeitsplätzen erforderlich machen". Das Vorgehen steht in seinen Grundzügen bereits fest: "Angebote zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" an alle Mitarbeiter der betroffenen Abteilungen; wenn dies nicht ausreicht, "werden in einem nächsten Schritt Mitarbeiter identifiziert, denen spezifische Angebote zu einer einvernehmlichen Beendigung vorgelegt werden sollen"; langt es dann immer noch nicht, will Siemens mit dem Gesamtbetriebsrat und der IG Metall "die Notwendigkeit betriebsbedingter Kündigungen prüfen".

Wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen?

Für letzteres beruft man sich auf eine Klausel im Interessenausgleich für das SG&A-Programm, in dem Siemens, Gesamtbetriebsrat und IG Metall im Juli 2008 betriebsbedingte Kündigungen bis Oktober 2010 ausgeschlossen hatten. Siemens hatte allerdings durchgesetzt, "bei wesentlichen Änderungen der Grundannahmen oder der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen" finde "ein Überprüfungsgespräch" statt. Eine solche wesentliche Änderung sieht man offenbar nun durch die Krise potenziell gegeben.

Gesamtbetriebsrat: "Betriebsbedingte Kündigungen sind nicht möglich."

Der Gesamtbetriebsrat teilte als Reaktion auf den Vorstoß Siemens' den Betriebsräten mit, dass aus seiner Sicht derzeit zum Abfangen konjunkturbedingter Beschäftigungseinbrüche die entsprechenden Gesamtbetriebsvereinbarungen ausreichen. Handlungsbedarf sieht er in diesem Zusammenhang hingegen, um vor dem Auslaufen der Kurzarbeit weitergehende Lösungsmodelle zur Beschäftigungssicherung zu entwickeln.

Um dauerhaft strukturell und konjunkturell bedingten Beschäftigungseinbrüchen zu begegnen sieht das Gremium auch Verhandlungsbedarf zur weiteren Beschäftigungssicherung. Darüber hinaus gehende Maßnahmen wie Portfolioentscheidungen jedoch "sind nach den vorhandenen Regularien zu behandeln", denn es gilt: "Betriebsbedingte Kündigungen sind nicht möglich." Will die Firmenleitung, wie es sich nun abzuzeichnen scheint, solche dennoch in Betracht ziehen, muss sie sich gemäß der erwähnten Vereinbarung mit Gesamtbetriebsrat und IG Metall damit konkret an diese wenden.