Siemens Dialog
https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/keine-entlassungen-in-2009
28.03.2024, 21:03 Uhr

"Keine Entlassungen in 2009"

  • 12.12.2008
  • Allgemein

Die Metall-Vorsitzenden Berthold Huber und Detlef Wetzel haben am Donnerstag ein Sieben Punkte-Programm vorgestellt, mit dem sich die wankende Konjunktur und die Beschäftigung stabilisieren lassen. Es enthält kurzfristig und langfristig wirksame Vorschläge, um der Wirtschaftskrise gegenzusteuern. Das Ziel: Keine Entlassungen im kommenden Jahr.

"Wir müssen schnell, gezielt und mutig gegen die Krise ansteuern. Unser aller Ziel muss es sein: In 2009 darf es keine Entlassungen geben", mahnte der Erste Vorsitzende Berthold Huber (links) in Frankfurt bei der Vorstellung des Programms. Die Politik müsse dokumentieren, dass sie verantwortlich handele und nicht unverantwortlich abwarte, die Arbeitgeber Instrumente der Arbeitsmarktpolitik und der Tarifverträge anwenden, um betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall betonte in einer ersten Reaktion, mit den im Tarifvertrag 2009 enthaltenen flexiblen Elementen könnten Entlassungen vermieden werden. Er fordert in diesem Zusammenhang, die IG Metall müsse Betriebsräte bei der Umsetzung gemeinsam entwickelter tarifvertraglicher Flexibilisierungsmöglichkeiten unterstützen.

Schutz für Leiharbeiter

Das Programm der IG Metall sieht unter anderem vor, auch die besonders gefährdeten Leiharbeiter besonders zu schützen und dafür beispielsweise Kurzarbeit bei ihnen: "Die Blase der Leiharbeit ist geplatzt. Die Politik ist verpflichtet, die Bildung einer industriellen Reservearmee nicht mehr aktiv zu unterstützen", sagte der Zweite Vorsitzende Detlef Wetzel (rechts). "Wären die Arbeitsplätze auch arbeitsrechtlich dort angesiedelt worden, wo sie entstanden sind, nämlich in den produzierenden Unternehmen und nicht in der Leihfirma, dann würden auch für diese Arbeitnehmer andere Schutzmechanismen gelten."

Als Skandal bezeichnete Huber, dass Banken und Finanzmarktakteure durch ihr jetziges Verhalten die Realwirtschaft tiefer in die Krise treiben, nachdem sie diese selbst überhaupt erst herbeigeführt hätten. Die Bundesregierung sei daher gefordert, Banken dazu zu verpflichten, die Kreditversorgung der Realwirtschaft zu gewährleisten.

Umweltprämie und Konsumschecks

Um die Konjunktur zur stabilisieren, schlägt die IG Metall außerdem eine Umweltprämie für Alt-Autos vor. Jeder private Fahrzeughalter, der einen über 10 Jahr alten PKW verschrotten lässt, soll demnach eine staatliche Förderung in Höhe von 3.000 Euro erhalten. Wenn damit der Kauf eines Neuwagens verbunden ist, soll der Hersteller diese Förderung um 50 Prozent aufstocken. "Eine solche Maßnahme hätte positive Auswirkungen für die Beschäftigung vom Endhersteller von Autos, über den Zulieferer bis zum Händler und natürlich für die Umwelt", sagte Huber.

Um kurzfristig die Binnennachfrage zu steigern, spricht sich die IG Metall für Konsumschecks über 250 Euro für Personen aus, deren Einkommen 3.675 Euro nicht überschreitet. Darüber hinaus sollen die Regelsätze für Hartz-IV-Bezieher erhöht werden.

Investition in die Zukunft

Um langfristig notwendige Investitionen in Angriff nehmen zu können, schlägt die IG Metall einen Zukunftsinvestitionsfonds im Umfang von 100 Milliarden Euro für die Dauer von drei bis vier Jahren vor, finanziert durch eine jährliche Zukunftsanleihe in Höhe von zwei Prozent auf private Vermögen über 750.000 Euro. Bund, Länder und Gemeinden sollen damit Investitionen in Bildung, Forschung, Umwelt und Infrastruktur finanzieren. Unternehmen sollen profitieren, wenn sie die Energie- und Ressourceneffizienz nachhaltig steigern und in Umweltmaßnahmen investieren.

Mitbestimmung ausweiten

Als weiteren Punkt fordert die IG Metall eine Ausweitung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Betrieben. Die Krise sei der "erschütternde Beweis dafür, dass die eingeschlagenen Wege des Turbokapitalismus falsch waren. Die kapitalistische Entwicklung muss in eine demokratische Entwicklung geführt werden", so Huber. So soll nach dem Willen der IG Metall in Zukunft die Verlagerung oder Schließung von Betrieben nur noch mit einer Mehrheit von Zweidritteln der Mitglieder des Aufsichtsrates möglich sein. Bei Stilllegung, Verlegung oder Einschränkung von Betriebsteilen sollen außerdem die Betriebsräte ein Vetorecht erhalten.

Mit einer Erweiterung des Begriffes "Unternehmensinteresses" nach § 76 des Aktiengesetzes will die IG Metall rein wirtschaftliche Interessen um gesellschaftliche Aspekte ergänzen. Die derzeitige Formulierung "Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten" soll den Zusatz erhalten, "wie das Wohl des Unternehmens, seine Arbeitnehmer und die Aktionäre sowie das Wohl der Allgemeinheit es fordern."

Die IG Metall wird sich organisatorisch darauf vorbereiten, den Folgen der Konjunkturkrise zu begegnen. Dazu gehören laut Wetzel die Entwicklung betrieblicher Offensivstrategien zum Erhalt von Beschäftigung, die Einrichtung von Task Force "Krisenintervention" auf bezirklicher Ebene und auf Ebene der Vorstandverwaltung, um gegebenenfalls in Not geratenen Betrieben zu helfen und ein Dienstleistungsangebot für Beschäftigte.