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29.03.2024, 15:03 Uhr

Keine Lust auf Chefsessel

  • 24.07.2012
  • Allgemein

Experten für Führungskraftentwicklung zufolge streben immer mehr Nachwuchskräfte Alternativen zum Kampf um den Einzug in die Chefetagen an. Aufreibende Arbeitszeiten, Leistungsdruck, internes Gerangel und nicht zuletzt die Entfremdung von der Familie entfalten offenbar zunehmend abschreckende Wirkung.

Das <link http: www.manager-magazin.de unternehmen karriere _blank external-link-new-window>Manager Magazin (MM) widmet diesem Problem einen ausgiebigen Bericht in seiner aktuellen Ausgabe. Die Zeitung zitiert einen Experten für "Leadership Development Research": "Die Scheu vor Verantwortung ist ein größeres Phänomen, mit dem sich die Unternehmen werden auseinandersetzen müssen."

Aufstieg nicht um jeden Preis

Immer mehr Nachwuchstalente haben den Erkenntnissen zufolge keine Lust mehr darauf, für einen Platz im Top-Management die erforderlichen Opfer zu erbringen, so das MM: "Unter Führungskräften gärt es. Und, schlimmer noch, unter denen, die demnächst welche werden sollten." Schuld daran sind unter anderem klassische, an Hierarchie und Aufstieg orientierte Karrieremodelle - zu starr, zu viel Ergebnisdruck und interne Politik und zu wenig Zeit für Privatleben. Die Ablehnung scheint nicht an bestimmte Branchen gebunden: "Der Unmut ist in den großen Konzernen zu spüren; in Überfliegerkanzleien, wo längst nicht mehr jeder Einsteiger Partner werden will; unter Oberärzten, die oft nur noch halbherzig um den Chefarztposten rangeln; ja selbst an Schulen, wo es zunehmend schwieriger wird, die undankbare Position des Rektors zu besetzen."

"Null Bock 2.0"

Eine Studie der Universität Bochum konstatiert dementsprechend, dass der Anteil führungsgeeigneter und -williger männlicher Absolventen von 2003 bis 2010 um ein Drittel auf 23 Prozent absank - "Null Bock 2.0" nennt das Magazin das Phänomen der Kombination auf Interesse an mehr Work-Life-Balance und "einer prinzipiellen Skepsis gegen Geführtwerden und Führen." Und es scheint nicht nur bei jungen Menschen aufzutreten, die zeitlich nahe am Berusstart stehen. Bei einer Umfrage des Deutschen Führungskräfteverbands (<link http: www.deutscher-fuehrungskraefteverband.de _blank external-link-new-window ula>ULA) gaben laut MM 59 Prozent der "zumeist bereits einige Jahre im Berufsleben stehenden Befragten an, ihr Wunsch nach hierarchischem Aufstieg habe in den vergangenen fünf Jahren abgenommen"; über zwei Drittel streben an, mehr Zeit für ihr Privatleben zu gewinnen.

Experte statt Manager

Als Alternative für Betroffene mit entsprechendem Potenzial, die das MM etwas hilflos als "Karriereverweiger" bezeichnet, bietet sich die Expertenlaufbahn, die vor allem bei großen Unternehmen immer mehr Bedeutung bekommt. die sachlichen Vorteile sind an die der Führungskräfte angelehnt und es gibt ähnlich gute Weiterentwicklungsmöglichkeiten, aber mit weniger "Exponiertheit, Getriebenheit, Stress, atemloser Ergebnisverantwortung". Wie der Experte des "Leadership Development Research" in einer Befragung von 900 Führungskräften sind die häufigsten Gründe für die "Scheu vor dem Aufstieg": "keine Lust auf Personalverantwortung, interne Ränkespiele und Administration, gefolgt von 'besserer Work-Life-Balance' und 'Sorge um den Verlust professioneller Identität'".