Siemens Dialog
https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/kernelement-zukunftsfaehiger-entwicklung
24.04.2024, 01:04 Uhr

Kernelement zukunftsfähiger Entwicklung

  • 19.11.2008
  • Allgemein

Mitte November trafen sich 52 IG Metall-Betriebsräte aus Werken, Stammhaus, Zentralen und Niederlassungen, um über innovative Unternehmensstrategien als Kernelement zukunftsfähiger Entwicklung zu beraten. Das Ergebnis ist wie in den Vorjahren ein 'Gersfelder Positionspapier' - das fünfte seiner Art.

(zum Vergrößern anklicken)

Das Gersfelder Positionspapier 5 steht unter dem Leitmotiv „Man soll die Zukunft so nehmen, wie sie kommt. Aber man sollte auch dafür sorgen, dass die Zukunft so kommt, wie man sie möchte.“ (Curt Goetz, 1888 -1960)

Diesem hohen Anspruch entsprechend stellen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Berlin, Braunschweig, Bremen, Bruchsal, Düsseldorf, Erlangen, Essen, Frankfurt, Fürth, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Kiel, Konstanz, Köln, Krefeld, Leipzig, München, Nürnberg, Paderborn, Regensburg und Stuttgart folgendes fest:

 

Siemens will nach eigener Darstellung:

  • Ein integrierter Technologiekonzern sein und bleiben
  • Innovationsführerschaft erhalten und ausbauen
  • Sich auf geschäftsübergreifendes Innovationsmanagement konzentrieren

Diese Absichtserklärung findet die Unterstützung von Betriebsräten und IG Metall.

Jedoch ist ein vom Management getriebenes integriertes systematisches Innovationsmanagement kaum zu erkennen; existierende Bemühungen werden unzureichend unterstützt. Im Gegenteil: Harte Portfoliobereinigungen, Effizienzsteigerungsprogramme und Kostensenkungsmaßnahmen schaffen ein Klima von Verunsicherung und Angst und führen zu Motivationsverlusten. Die erhofften Einsparungen werden durch die kontraproduktiven Effekte mehr als aufgewogen. Darüber hinaus engen Kapitalmarktkennziffern als alleinige Zielvorgaben den Managementfokus ein.

Innovation setzt aber voraus

  • Eine durch Offenheit, Risikobereitschaft und Vertrauen gekennzeichnete Unternehmenskultur
  • Eine intensive Marktkenntnis, die über flächendeckenden Vertrieb und Service das Feedback von Kunden und Lieferanten aufzunehmen in der Lage ist
  • Die Einbettung in eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Strategie bezüglich Produkten und Dienstleistungen
  • Nutzung und Förderung des kreativen Potentials und der Erfahrung aller Mitarbeiter innerhalb und über die Divisions- und Sektorgrenzen hinweg.

Innovation ist NICHT einfach das Anders-Machen, sondern bedeutet etwas Anderes zu machen. Die Bündelung des Einkaufs z. B. ist eine Kostensenkungsmaßnahme, aber keine Innovation. Die Verlagerung der Buchhaltung in Niedriglohnregionen ist eine Kostensenkungsmaßnahme, keine Innovation.

Kaufen und Verkaufen von Geschäftsfeldern, was im letzen Geschäftsjahr allein 20.000 Arbeitsplätze aus der Siemens AG befördert hat, ist keine Innovation.
Die in den letzten Jahren erfolgte Trennung von zahlreichen Serviceeinheiten hat die Verbindung zu Kunden und Märkten gekappt und damit eine wichtige Innovationsquelle versiegen lassen.

Die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse durch Outsourcing, Befristung und Leiharbeit ist keine Innovation, sondern zerstört die Innovationskultur.

Angesichts dieser Lage fordern wir:

  • Eine Firmenkultur, die Innovationen fördert durch:
         + Arbeitsplatzsicherheit
         + Eröffnung von Freiräumen
         + offene Kommunikation
  • Beteiligung der Mitarbeiter und Nutzung ihrer Erfahrung
  • Sektor- und divisionsübergreifende Technologiekooperation
  • Innovationskennziffern als zumindest gleichberechtigte Managementzielvorgabe neben Finanzkennziffern, Compliance, etc.
  • Ein integriertes Servicekonzept, das die kundenorientierte Innovation fördert
  • Einbindung und Information der Betriebsräte in die Innovations- und Investitionsplanung.

Regelmäßige intensive Beratung über Innovationen und Investitionen im Wirtschaftsausschuss und in jedem Betrieb, wie es verbindlich im Eckpunktepapier zwischen Siemens AG, Gesamtbetriebsrat, IG Metall am 17.07.2008 in Radolfzell / Bodensee vereinbart ist.

Wir fordern die Firmenleitung auf, diese Vereinbarung proaktiv umzusetzen und auf die Betriebsräte zuzugehen!

Wir rufen die Betriebsräte und Mitarbeiter auf, diesen Prozess zu unterstützen und sich zu beteiligen. Wir unterstützen und fördern die Bildung von lokalen und überregionalen Innovationsnetzwerken und Arbeitskreisen. Dazu werden wir kurzfristig eine Handlungshilfe erarbeiten und veröffentlichen.

Die Portfolio- und Kapitalmarktorientierung der letzten 10 Jahre hat die Innovationstradition von Siemens gefährdet. Wir rufen Sie auf, sich mit Ihrer Erfahrung und Kreativität zu beteiligen, um diese 160jährige Innovationstradition im Sinne einer langfristigen Sicherung des Unternehmens und unserer Arbeitsplätze wieder in den Mittelpunkt zu rücken.

Das Gersfelder Positionspapier 5 können Sie über obenstehenden Link als PDF herunterladen.