Siemens Dialog
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17.04.2024, 01:04 Uhr

Was macht eigentlich... mdexx?

  • 27.07.2010
  • Konzern

Ende 2009 wurde nach langer, harter Auseinandersetzung und Scheitern des Interessenausgleiches ein Kompromiss zu Abbau- und Verlagerungsplänen der ehemaligen Siemens-Tochter mdexx erreicht. Dennoch herrscht seitdem nicht etwa Harmonie im Betrieb. Ein Bericht des Betriebsrats zeigt die Situation heute, und macht Risiken und Nebenwirkungen einer Ausgliederung aus dem Siemens-Konzern deutlich.

Aushilfeskollegen bei mdexx (zum Vergrößern anklicken)

Plötzlich spielt Geld keine Rolle?!

Das verstehe, wer will: Bei den Auseinandersetzungen im Spätherbst 2009, als wochenlang die Produktion ruhte und die skandalöse Unternehmenspolitik alle Medien interessierte, war von Krise, Kreditklemme und sogar drohender Zahlungsunfähigkeit die Rede. Nun heißt es von der wieder einmal ausgewechselten Geschäftsführung im "<link http: www.weser-kurier.de _blank external-link-new-window>undefinedWeserkurier", mdexx schreibe schwarze Zahlen, und es gebe massive Auftragseingänge.

Entlassungen trotz reichlich Arbeit

Wenn es denn so ist, dann freuen sich die Metaller nicht nur bei mdexx über diese wundersame Entwicklung. Aber - an der Umsetzung der Entlassungen hält mdexx eisern fest, obwohl die Produktion den Lieferverpflichtungen auch an Siemens immer noch nicht wieder nachkommt. Jetzt verlangt man sogar 10-Stunden- und Samstagsschichten von der Belegschaft, auch Leiharbeit ist wieder angesagt. Die Kosten dafür spielen jedenfalls offenbar keine Rolle. Die Beschäftigten haben bereits Dummies eingesetzt, um der Arbeitsflut Herr zu werden (Foto).

Unternehmensleitung spielt Verstecken mit Informationen

Die mit eindruckvoller Mehrheit wiederbestätigten Betriebsräte wollen wissen, was wirklich los ist und verlangen erstmal Zahlen und Fakten - belastbare Antworten der Geschäftsführung und der Schweizer Investoren stehen aber aus. Die Unternehmensleitung  hat wieder mal ein neues Konzept angekündigt und wieder rosige Zeiten zumindest für verbleibenden Mitarbeiter auch in Bremen versprochen. Aber genaues verrät sie noch nicht. Der Betriebsrat bleibt natürlich hartnäckig am Ball.

Für Mehrarbeit, Samstagsschichten und sogar Leiharbeit hat aber bei mdexx niemand aus der Belegschaft Verständnis, natürlich auch nicht die Betriebsräte. Wie sollten sie auch, wo doch Woche für Woche weiter Beschäftigte das Werk verlassen müssen und die Auszahlung der Siemens-Jahreszahlung, die der Belegschaft zusteht, verweigert wird und vor Gericht erstritten werden muss - die Klage ist schon eingereicht.

Betriebsrat will Stop des Abbaus

Der Betriebsrat besteht selbstverständlich auch darauf, dass der Belegschaftsabbau gestoppt wird - dann kann auch Siemens wieder vernünftig und rechtzeitig beliefert werden. Wenn die Aufträge zunehmen und die Lieferungen den Bestellungen hinterherhinken, dann macht es doch wohl keinen Sinn, weiter darauf zu bestehen, dass 200 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren.

Perspektiven per Sozialplan ...

Für die, die bei mdexx ihren Arbeitsplatz verloren haben und bis Mitte 2012 noch verlieren, haben Belegschaft, Betriebsrat und IG Metall einen guten Sozialplan erkämpft und bauen zusammen der gewerkschaftsnahen Agentur für Struktur- und Personalentwicklung (<link http: www.ags-info.de _blank external-link-new-window>undefinedAGS) eine Transfergesellschaft auf. Dort werden neue Arbeitsperspektiven entwickelt und Qualifizierungsmaßnahmen für die ehemaligen mdexx-Beschäftigten durchgeführt.

... und bei einem alten Bekannten

Und es gibt noch eine überraschende Möglichkeit für Ex-mdexxer: Der ehemalige, vom Schweizer Mehrheitseigner CGS bei mdexx geschasste Entwicklungschef, bis Anfang letzten Jahres  Mitglied der Geschäftsführung und Gesellschafter, baut jetzt für die Solinger REO Elektronik AG eine Filiale mit bis zu 100 Beschäftigten auf. Er wirbt erfolgreich Mitarbeiter von mdexx ab, die dort auch Produkte herstellen sollen, die bei mdexx in Bremen laut Eigner und Siemens AG angeblich nicht mehr wirtschaftlich hergestellt werden können. Der neue Wettbewerber setzt unter anderem auf seine alten Siemens-Kontakte und macht mdexx eifrig Konkurrenz.

Fazit des Betriebsrats

Der Betriebsrat zieht aus den Entwicklungen der letzten Monate ein Fazit, das exemplarisch für die Beschäftigten in Siemens-Bereichen gilt, die ausgegliedert und verkauft werden sollen:

1. Widerstand lohnt sich allemal. Wer widerstandslos mitmacht, und gegen den Rat von IG Metall und Betriebsrat tut, was Siemens verlangt, ist schnell weg vom Fenster und wird mit Almosen abgefertigt.

2. Ist man erst mal raus aus der Siemens-Welt, gelten trotz aller Versprechungen und Zusagen plötzlich ganz andere Regeln.