Siemens Dialog
https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/lehren-aus-der-letzten-krise
26.04.2024, 00:04 Uhr

Lehren aus der letzten Krise

  • 18.09.2012
  • Allgemein

Der Erste IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber äußert sich im Interview unter anderem zur Krise in Südeuropa, möglichen Vorbereitungsmaßnahmen in Deutschland, der Prekarisierung von Arbeit und Manager-Gehältern. Auch die bevorstehende Aufsichtsratswahl bei Siemens und die Position der IG Metall im Unternehmen kommen zur Sprache.

"Das finde ich fahrlässig"

Im <link http: www.sueddeutsche.de wirtschaft ig-metall-chef-berthold-huber-im-sz-gespraech-politik-und-firmen-sind-nicht-auf-die-krise-vorbereitet-1.1469690 _blank external-link-new-window>undefinedGespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" drückt Huber seine Befürchtung aus, dass in Deutschland viele Unternehmen und der Staat auf eine mögliche Krise hierzulande nicht vorbereitet sind, obwohl man es besser wissen sollte: "Die Lehre aus der Krise von 2008 bis 2010 ist doch, dass es nicht mehr permanent nach oben gehen wird, dass es zu Aufs und Abs kommen kann." In der letzten Krise haben Instrumente wie Arbeitszeitkonten und Kurzarbeit sich bewährt, weshalb die IG Metall ähnliche Schritte fordert.

Huber stellt jedoch fest, dass bislang wenig Bereitschaft dazu herrscht: "Ich bin bisher mit meinen Bemühungen aber ins Leere gelaufen. [...] Wirtschaftsminister Rösler sagt: Bei Bedarf können wir das wieder einführen." Das allerdings reicht vermutlich nicht aus, denn: "Viele werden dann schon arbeitslos sein." Die entstehenden Verzögerungen wie im Jahr 2008 mit Arbeitszeitkonten zu überbrücken, wäre heute keine erfolgversrpechende Lösung: "Die sind heute im Schnitt nicht annähernd so voll wie 2008."

Sorge um Südeuropa

Sorge bereitet Huber auch die Lage in den südeuropäischen Ländern. Das Ansehen Deutschlands erlebt er dort als "katastrophal", weil viele Menschen das Vorgehen der deutschen Regierung als herablassende Bevormundung wahrnehmen. Die IG Metall hat ihre Einwände gegen tiefe Einschnitte als Heilmittel für die Krise immer wieder klargestellt: "Sollen wir den jungen Spaniern sagen: Spart, und eure Wirtschaft wird wieder wachsen? Das ist doch Unfug."

Politik muss handeln

Von der Politik erwartet Huber, dass sie über die Bekämpfung akuter Probleme hinaus gestalterisch eingreift - etwa gegen den weltweiten Trend zur Prekarisierung von Arbeit. Missständen dieses Ausmaßes können die Gewerkschaften nicht allein abhelfen: "Die Politik muss eine Vorstellung entwickeln, was Arbeit wert ist. Sie muss sagen, was hier in Deutschland und in Europa das Modell der Zukunft sein soll. Und die Politik muss handeln."

Siemens: "lassen Sie mal die Kirche im Dorf"

Auf das Verhältnis der IG Metall zu Siemens angesprochen, das in den Medien gern als Ursache für das Entstehen einer "Dissidentenliste" bei der Aufsichtsratswahl hochgespielt wird, stellt Huber richtig: "Na, lassen Sie mal die Kirche im Dorf, von wegen Dissidenten. Es ist einfach so, dass wir bis dato drei betriebliche Vertreter aus der Region Erlangen/Nürnberg im Aufsichtsrat haben. Die Region Nordrhein-Westfalen war dort nicht vertreten. Das wollen wir ändern." Auch auf das Thema eines angeblichen "Kuschelkurses" reagiert er gelassen: "Dort, wo Konflikte auftreten, haben wir sie geführt und werden sie auch weiterhin führen. [...] Ich fürchte, wir haben über den weiteren Weg von Siemens viele Konflikte noch vor uns." Dann werde sich zeigen, welcher Weg der richtige ist: "Am Ende entscheiden Taten und nicht Ankündigungen."