Siemens Dialog
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19.04.2024, 13:04 Uhr

Leiharbeitsvereinbarung: Umsetzen im Betrieb

  • 15.10.2010
  • Allgemein

Im Juli 2009 wurde die Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung der Leiharbeit bei Siemens abgeschlossen. Für die Umsetzung in den Betrieben ist der Januar 2011 eine wichtige Etappe, denn dann greift für viele Betroffene die Regelung, dass nach 18 Monaten Einsatz Anspruch auf Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis besteht.

Wiederanstieg mit dem Aufschwung.

Neue Höhenflüge der Leiharbeit

Mit der anziehenden Konjunktur setzt auch die Leiharbeit zu neuen Höhenflügen an. Die Zahl der Betroffenen hat bundesweit bereits das Niveau vor der Krise überschritten und nähert sich der 850.000. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit beruht aktuellen Berechnungen zufolge mit über 60 Prozent auf Leiharbeit, gefolgt von befristeter Beschäftigung; nur bei rund 15 Prozent der neuen Stellen handelt es sich um reguläre Arbeitsverhältnisse.

Mehr als genug Grund also, bei Siemens auf die gewissenhafte Umsetzung der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Leiharbeit zu pochen. Sie erfolgt durch Betriebsvereinbarungen zwischen den Betriebsräten und Geschäftsführungen an den Standorten und sollte jetzt, wenige Monate vor Ablauf der 18monatigen Frist, nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Betriebsräte vor Ort gefragt

Olaf Bolduan, Betriebsratsvorsitzender des Dynamowerks in Berlin und als Leiter der zuständigen Projektgruppe des Gesamtbetriebsrats maßgeblich am Entstehen der Leiharbeitsvereinbarung beteiligt, stellt fest: "Das Krisenende kann man offenbar daran festmachen, wie schnell Leiharbeit wieder zunimmt - umgekehrt wie bei einer Fieberkurve. Im Dynamowerk kommen wir erst spät aus der Krise, insofern haben wir im Moment sehr wenig Leiharbeit. Aber wir sehen die Entwicklung um uns herum mit Sorge. Man wird sich nicht darauf verlassen können, dass sich die Gesamtbetriebsvereinbarung wie von allein umsetzt. Hier sind wir Betriebsräte vor Ort gefragt, der Willenserklärung in der Gesamtbetriebsvereinbarung Leiharbeit auch die Praxis folgen zu lassen."

Umsetzung kein Automatismus

Eine ähnliche Einschätzung gibt es auch in anderen Betrieben. Gerald Eberwein ist mit dem Thema Leiharbeit nicht nur durch sein Amt als Betriebsratsvorsitzender bei Industry Automation in der Nürnberger Vogelweiherstraße, sondern auch als ehrenamtliches Vorstandsmitglied der IG Metall vertraut. Er betont: "Das Thema Leiharbeit muss jetzt an den Standorten geklärt werden. Wer darauf setzt, dass die Personalabteilungen die Gesamtbetriebsvereinbarung automatisch umsetzen, ist schlecht beraten."

Entgeltaufzahlung: noch kein verlässliches System

Aktiv geht zum Beispiel der Betriebsrat des Berliner Messgerätewerk die Umsetzung der Leiharbeitsvereinbarung im Betrieb an, wie der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Walter erklärt: "Durch eine aktive Beratung stoßen wir auf viele Einzelfälle, die das Entgelt der Kolleginnen und Kollegen aus Leiharbeit betreffen. Zum ersten Mal spielt jetzt die Eingruppierung eine Rolle: zusammen mit den Betriebsräten und den Führungskräften vor Ort haben wir hier für Berichtigungen gesorgt."

Laut der Gesamtbetriebsvereinbarung steigt das Entgelt der Betroffenen gestaffelt, bis ab dem 16. Beschäftigungsmonat Anspruch auf das selbe tarifliche Grundentgelt besteht, das die Stammbeschäftigten erhalten. In der Praxis allerdings funktioniert das längst nicht reibungslos, kritisiert Walter: "Im weiteren informieren wir die Betroffenen über die von ihnen zu beanspruchende Höhe des Entgelts; auch hier ergibt sich manchmal noch Klärungsbedarf zugunsten der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer. Dass man bei Siemens die Entgeltaufzahlung lange Zeit nur halbherzig betreut hat und bis heute noch kein verlässliches System etablieren konnte, verletzt meinen Stolz als Siemens-Mitarbeiter, denn schließlich bin ich in den Beratungsgesprächen der Repräsentant der Firma.