Siemens Dialog
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24.04.2024, 15:04 Uhr

Lohndebatte wird hitziger

  • 26.10.2010
  • Allgemein

Die Diskussion über Sinn und Unsinn kräftiger Entgeltsteigerungen legt im Zuge ständig besserer Konjunkturindikatoren kräftig zu. Die Arbeitgeber sehen sich wachsendem Druck und schwindenden Argumenten ausgesetzt. Der erste IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber begrüßt diese Entwicklung, weist aber auf das eigentliche politische Problem in diesem Zusammenhang hin: Den Niedriglohnsektor.

"Den fleißigen gehört der Aufschwung" ...

Nach der Bundeskanzlerin und etlichen anderen Spitzenpolitikern auch im konservativen Lager tritt angesichts des Wirtschaftsaufschwungs nun auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) für spürbare Lohnerhöhungen ein: "Den fleißigen Menschen in unserem Land gehört der Wirtschaftsaufschwung. Er sollte daher nicht an ihnen vorbeigehen."

... oder doch nicht?

Aufgeschreckter Protest kommt, wen wundert's, unverzüglich aus dem Arbeitgeberlager. Führende Vertreter von Verbänden der Baubranche über Familienunternehmen bis zum DIHK erklären, man habe keinen Spielraum für höhere Löhne und drohen teilweise vorsichtshalber schon mal mit dem Abbau von Arbeitsplätzen.

Auch Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser stimmt erwartungsgemäß in den pessimistischen Chor ein: "Der Aufschwung hat noch längst nicht alle Sparten und Betriebe der Metall- und Elektronindustrie erfasst. Weder Dividenden noch Lohnsteigerungen stehen jetzt im Vordergrund." Begründen lässt sich die pauschale Ablehnung allerdings nur schwer: "Den Chefs gehen die Argumente aus", kommentiert etwa die "Frankfurter Rundschau".

Kernproblem Niedriglohnsektor

Der erste IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber erklärte im <link http: www.rp-online.de wirtschaft news deutschland-braucht-mehr-mitbestimmung-der-buerger_aid_922001.html _blank external-link-new-window>undefinedInterview mit der "Rheinischen Post" die Haltung der Arbeitnehmerseite zum Stimmungswechsel in Sachen Entgeltanstieg: "Wenn die Regierung endlich die Bedeutung höherer Löhne für den Aufschwung erkennt, freut uns das natürlich." Das eigentliche Problem sieht er allerdings nicht in den tariflich regulierten Bereichen, sondern im Niedriglohnsektor mit seinen rund sieben Millionen Beschäftigten: "Hier ist die Politik gefordert."

"Arbeitsmarkt der Verrohung und Diskriminierung"

Die gesetzliche Regulierung vor allem der Leiharbeit bezeichnet Huber als längst überfällig, zumal der heute vorgefundene "zweite Arbeitsmarkt der Verrohung und Diskriminierung" erst durch die Aufhebung entsprechender Gesetze im Jahr 2003 entstehen konnte: "All dies muss korrigiert werden, damit die Branche nicht noch weiter wuchert. [...] Wir sehen eine unerträgliche Verrohung des Arbeitsmarktes, wenn in diesem enormen Umfang reguläre Kräfte durch billigere Leiharbeiter ersetzt werden."

Warnung vor dem Aussitzen

Die Forderung nach gesetzlicher Regulierung unter anderem eines "Equal Pay" ist umso dringlicher, als in der zahlenmäßig größten Metall- und Elektrobranche aufgrund der Laufzeit des aktuellen Tarifvertrages erst im Jahr 2012 eine Möglichkeit besteht, die Forderungen zur Leiharbeit tariflich durchzusetzen. Huber warnt in diesem Zusammenhang die Arbeitgeber davor, sich in diesem Bewusstsein zurückzulehnen und die Hände in den Schoß zu legen: "Entweder sie bemühen sich gemeinsam mit der IG Metall um eine gesetzliche Regelung oder sie haben 18 Monate das Thema 'betrieblich' an der Backe."


Weitere Statements unter anderem zur Zuwanderungs- und Integrationsdebatte, dem Fachkräftemangel und Volksentscheiden zu politischen Grundsatzfragen finden Sie im vollständigen <link http: www.rp-online.de wirtschaft news deutschland-braucht-mehr-mitbestimmung-der-buerger_aid_922001.html _blank external-link-new-window>undefinedInterview mit der "Rheinischen Post".