Siemens Dialog
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29.03.2024, 12:03 Uhr

Mitbestimmungsfreie Zone

  • 16.01.2008
  • Konzern

Am aus Siemens AG und SIS zusammengeführten Standort München Perlach blockiert die AUB-Mehrheit im bisherigen SIS-Betriebsrat die nötigen Neuwahlen der Interessenvertretung. Ihre Begründung ist mehr als wackelig; die Beschäftigten zahlen mit einem zeitweiligen Vakuum bei der Wahrnehmung ihrer Belange die Zeche.

In Perlach wurden die Betriebe von Siemens IT Solutions and Services und der Siemens AG zum 1. Januar 2008 zusammengeführt. Da der SIS-Teil des neuen Betriebes der größere ist, übernimmt sein Betriebsrat das Übergangsmadat bis zur Neuwahl und sollte die Interessen aller Mitarbeiter am Standort vertreten. Der Betriebsrat der Siemens AG hat nur noch ein Restmandat für Vorgänge aus dem Jahr 2007.

AUB-Mehrheit verweigert Wahrnehmung der Mitbestimmung

Die AUB-Mehrheit des SIS-Betriebsrates verweigert jedoch die Wahrnehmung dieser Aufgaben mit der Begründung, sie habe Zweifel an der Rechtmäßigkeit des zugrundeliegenden Interessenausgleichs und lasse diese prüfen. Dabei ignoriert sie, dass der Interessenausgleich seit Mai 2007 vorliegt und folglich im Zweifel längst hätte geprüft werden können; ihren Entschluss, die Vertretung der bisherigen Siemens-Beschäftigten nicht wahrzunehmen, gab sie allerdings erst kurz vor Heiligabend 2007 bekannt.

"Arbeitgeberwillkür wie bei Schlecker oder Aldi"

Die kuriose Argumentation hätte einen gewissen Unterhaltungswert, wäre da nicht das damit verbundene Risiko für die betroffenen Siemensianer. Wer beispielsweise bei CT, CIO oder SRE arbeitet, ist derzeit de facto ohne Unterstützung durch einen Betriebsrat. Versetzungen, Eingruppierungen, selbst Kündigungen können zumindest theoretisch ohne Beteiligung eines Betriebsrats vorgenommen werden - ein unhaltbarer Zustand. Die IG Metall-Betriebsräte, die seit Bekanntgabe des AUB-Entschlusses gegen diesen protestieren, sprechen von möglicher "Arbeitgeberwillkür wie bei Schlecker oder Aldi".

Information per Flugblatt

Ein Flugblatt der IG Metall informiert ab heute die Beschäftigten am Standort über die aktuelle Situation und wie es zu ihr kam. Außer einem indirekten Appell an die AUB-Fraktion, ihrer Verantwortung gegenüber den Beschäftigten nachzukommen, fordert es auch die Betriebsleitung zum Eingreifen auf: "Die Firmenleitung darf diesen mitbestimmungsfreien Zustand nicht weiter dulden. Peter Löscher hat sich klar zur Mitbestimmung bekannt und für das AUB-Sponsoring entschuldigt. In München Perlach wird aber derzeit nach der mehrfachenAnnahmeverweigerung von Mitbestimmungsvorgängen durch den SIS-Betriebsrat eine Mitbestimmung schlicht unterlassen [...]".