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24.04.2024, 22:04 Uhr

Optimale Arbeitsorganisation im Büro

  • 27.04.2012
  • Allgemein

Ein Gastbeitrag der Liste "mitEINANDER" des Betriebsrats im Stammhaus Erlangen setzt sich unter dieser Überschrift mit der Übertragung von Grundsätzen des Siemens Produktionssystems von der Fertigung in den Bürobereich auseinander.

Siemens-Initiative:
Optimale Arbeitsorganisation im Büro

Mit dem Siemens Produktions-System (SPS) hat die Siemens AG  mit Begleitung der Betriebsräte die Fertigungsstätten in Deutschland seit Jahren erfolgreich neu gestaltet und ständig weiter perfektioniert. Das hat die Fabriken in Deutschland international wettbewerbs-fähig gehalten und Arbeitsplätze gesichert. Jetzt will Siemens diese Grundsätze auch im Bürobereich, zunächst vor allem im Engineering, anwenden.
Dazu sollen alle Vorlagen und Daten zu jedem Arbeitsbeginn vollständig vorliegen und alle Arbeiten in einem kontinuierlichen Arbeitsfluss ohne weitere Unterbrechungen zügig abgearbeitet werden. Dafür müssen alle IT-Tools passend zur jeweiligen Aufgabenstellung optimiert und vernetzt werden - ohne dass zusätzlich händische Dateneingaben notwendig sind.

Eine Herkulesaufgabe

Wer im Engineering arbeitet weiß, dass die Arbeitswirklichkeit davon noch ein gutes Stück entfernt ist. Zumindest im Engineering ist die Unterbrechung der Arbeit die Regel und ein kontinuierlicher Arbeitsprozess eher die Ausnahme. Bereits in der von uns initiierten Umfrage des Betriebsrates im Herbst 2006 ist die „wenig durchdachte Arbeitsorganisation“ die am häufigsten genannte Belastung. Die Umfrage hat auch gezeigt, dass die verwendeten IT-Tools bezüglich Anwenderfreundlichkeit, Funktionsgerechtigkeit und Schnittstellen noch erhebliches Verbesserungspotential enthalten.

Nebenarbeiten überwiegen

Erste Untersuchungen der Büroarbeit zeigen, dass die organisatorischen Tätigkeiten (Email, Outlook, Internet, interne Berichte, Reiseplanung/-abrechnung etc.) fast genauso viel Zeit in Anspruch nehmen wie die Bearbeitung der eigentlichen Kernaufgaben. Am meisten Arbeitszeit beanspruchen jedoch die Nebentätigkeiten. Die genauen Anteile mögen im Einzelfall unterschiedlich sein. Für die Kolleginnen und Kollegen in den Büros sind die unwirtschaftliche Arbeitsorganisation, unklare Schnittstellen und die Mängel der zur Verfügung gestellten IT-Tools längst keine Neuigkeit mehr.

Kulturrevolution im Management

Wenn dies jetzt endlich geändert werden soll, bedeutet das allerdings für das Management eine erhebliche Umstellung. Wenn sich alle auf ihre Kernkompetenz konzentrieren und die Arbeiten ohne Unterbrechungen und in kurzen Zeiträumen erledigen können, dann sind die Zeiten vorbei,

  • in denen für alle Tätigkeiten gleich ein Ingenieur eingestellt wird,
  •  als (IT-)Tools kostengünstig erstellte Standardversionen verwendet werden und
  • Fachleute neben ihrer Kerntätigkeit zahllose Dienstleistungen und Supportfunktionen selbst ausführen müssen. Denn diese sind in den letzten Jahren entweder ausgegliedert und als begrenzt taugliche Standardware billig wieder eingekauft worden, oder sie wurden gleich ganz den Fachleuten übertragen.

Büroarbeit auf Top-Niveau heben

Wer Ingenieurleistungen auf Top-Niveau will, muss auch die dazu benötigten Werkzeuge (IT-Tools) und Supportleistungen auf Top-Niveau halten. Die derzeitige Organisation der Supportleistungen in den Büros erinnert - bildlich gesprochen - eher an ein Selbstbedienungsrestaurant.

Um Büroarbeit wirtschaftlich zu betreiben, sollten unter anderem

  • (IT-)Tools und Supportfunktionen den jeweiligen Arbeitsanforderungen und Anwendern entsprechend optimal angepasst und wie jede Investition ausschließlich nach ihrem Nutzen (Return of Investment) für den Arbeitsprozess beurteilt werden und nicht nur möglichst wenig kosten dürfen,
  • der technische Mittelbau ausgebaut und
  • mehr Teamassistenten eingestellt werden.

Rahmenbedingungen verbessern

Es wird höchste Zeit, dass sich auch das Management einmal mit dem Alltag der Büroarbeit und deren möglichen Verbesserungen beschäftigt. Es ist wenig hilfreich, Einzelne zu kritisieren und Burnoutfälle zu beklagen, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen.

Natürlich muss auch die Büroarbeit so organisiert werden, dass die Stärken und Kompetenzen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei voll zum Tragen kommen. Ansonsten ist sie - zumindest auf Dauer - auch nicht erfolgreich. Natürlich kann eine total durchrationalisierte Büroarbeit auch zu Leistungsverdichtung und Reduzierung auf bestimmte Teiltätigkeiten führen. Das eine zu ermöglichen und das andere zu verhindern wird wie immer Aufgabe von Betriebsräten und Beschäftigten bleiben. Ohne Risiko gibt es auch hier keinen Erfolg.

Eine besser organisierte Büroarbeit mit anwendungsgerechten IT-Tools ist gesünder und erfolgreicher. Alles beim Alten zu lassen, wäre genauso schlecht, wie alles allein den Managern zu überlassen. Die mitEINANDER-Betriebsräte sind darauf vorbereitet. Sie auch?

Doris Hannemann,  Wolfgang Mai,
Jörg Kemnitzer;       Rainer Dankers