Siemens Dialog
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20.04.2024, 07:04 Uhr

Protestdemo bei Gigaset

  • 24.06.2010
  • Konzern

Während der angeschlagene Mehrheitseigner Arques weiter Probleme vor sich herschiebt, schrieb Gigaset im ersten Quartal 2010 operativ wieder schwarze Zahlen. Der laufenden Restrukturierung sollen aktuell dennoch rund 140 Stellen zum Opfer fallen; im Anschluss an eine Betriebsversammlung demonstrierten in Bocholt rund 850 Beschäftigte für faire Bedingungen und die Zukunft ihres Standortes.

Ex-Siemensianer wollen nicht gemolken werden

(Foto zum Vergrößern anklicken).

Wirtschaftliche Erholung ...

Die <link http: gigaset.com de cms pressrelease_q1_2010_20100615.html _blank external-link-new-window>undefinedPressemitteilung von Gigaset Communications zum ersten Quartal liest sich, als herrsche im Unternehmen eitel Sonnnenschein: "Damit zeigt die Neustrukturierung des Unternehmens, einer 80prozentigen Beteiligung der ARQUES Industries AG, klare Erfolge", heißt es dort vollmundig. In der Tat weisen die nackten Zahlen selbst eine unbestreitbare Verbesserung aus, in anderer Hinsicht jedoch liegt einiges im Argen.

... aber Belegschaft weiter unter Druck

Die jenigen nämlich, die diese Verbesserung erwirtschaften, sehen sich dafür nicht sonderlich gut behandelt. 140 Arbeitsplätze in München und Bocholt sollen dem Rotstift zum Opfer fallen, und das obendrein zu Bedingungen unter dem vereinbarten Standard; Arques und Siemens streiten derweil im Hintergrund vor Gericht, was sich erfahrungsgemäß noch lange hinziehen kann.

Demonstration in Bocholt

Die Gigaset-Beschäftigten in Bocholt haben daher im Anschluss an ihre Betriebsversammlung am Dienstag einen eindrucksvollen Demonstrationszug durchgeführt, zu dem die IG Metall aufgerufen hatte. Mit Transparenten zogen rund 850 ehemalige Siemensianer durch Bocholt, um der bei Gigaset verhandelnden IG Metall, ihrer Tarifkommission und dem Betriebsrat den Rücken zu stärken. Ihre zentralen Forderungen:

- Zukunft für Gigaset Communications und den Standort Bocholt
- Erhalt der Arbeitsplätze in Bocholt und Alternativen zum Personalabbau
- fairer Umgang und soziale Absicherung für alle, die trotzdem gehen müssen
- finanzielle Beteiligung und Verantwortung der Anteilseigner an den Sozialplankosten
- faire und sichere Arbeitsbedingungen auch in den kommenden Jahren unter dem Schutz der Tarifverträge der IG Metall

Mahnung an Arques und Siemens

Ausdrücklich richtete sich die Demonstration auch an die Gigaset-Eigner Arques Industries und Siemens. Sie wurden daran erinnert, dass für den Fall von unabwendbarem Personalabbau Sozialplankonditionen auf Niveau von Siemens fest zugesagt sind - schließlich waren die meisten Betroffenen den Großteils ihres Berufslebens dort beschäftigt.

Gigaset sieht sich aufgrund der Umstellung auf ein mittelständisches Unternehmen gezwungen, die Arbeitsplätze vor allem in Entwicklung und Verwaltung abzubauen, weil man unter anderem die Produktlebenszeiten verlängern will und damit weniger Entwicklungskapazität benötigt. Die Arbeitnehmerseite fordert, mögliche Alternativen zu berücksichtigen, und hat dazu Vorschläge gemacht. Ab Januar 2011 soll ein neuer Ergänzungstarifvertrag den Personalabbau beenden und für eine sichere Zukunft sorgen.

Wortbruch bei den Konditionen?

Hinsichtlich der Konditionen für den Abbau fühlen sich die Beschäftigten mit Recht über den Tisch gezogen. Die Geschäftsführung behauptet, für Siemens-übliche Sozialpläne keine ausreichenden Mittel zu haben; ein Grund dafür ist, dass die Kaufpreiszahlungen an Siemens nicht etwa von Arques bezahlt, sondern von Gigaset selbst finanziert werden müssen. Außerdem sind bisherige Restrukturierungen durch ein Darlehen von Siemens finanziert worden; sollte die Rückzahlung schon in diesem Jahr fällig werden, fehlt das Geld aufgrund der desolaten Lage von Arques (siehe zum selben Thema) für die laufenden Maßnahmen.

Betriebsrat und IG Metall fordern vor diesem Hintergrund nachdrücklich faire Bedingungen, Abfindungen in der zugesagten Größenordnung und eine Transfergesellschaft, um schnell wieder beruflich Fuss fassen zu können. Dort sollen auch die vorgesehenen öffentlichen Mittel genutzt werden, so dass die Kosten für das Unternehmen verkraftbar bleiben. Ohne Unterstützung der Anteilseigner wird es aber nicht gehen.