Siemens Dialog
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16.04.2024, 08:04 Uhr

"Radaupolitik und Tarif-Boulevard"

  • 15.09.2011
  • Allgemein

... macht Gesamtmetall Präsident Martin Kannegiesser nach eigenem Bekunden im Umgang der IG Metall mit politischen Themen aus. Zunehmend lästig ist ihm beispielsweise offenbar die Thematisierung der Leiharbeit, zu der er gleich mehrere Nebelkerzen zündet.

Aufgeblasene Debatte?

Gegenüber dem "Weser-Kurier" konstatierte Kannegiesser eine "Tendenz zu populistischen Forderungen" und machte dies an der Leiharbeit fest: "Das ist eines der Hauptthemen der Gewerkschaften. Die Debatte ist jedoch von ihrer Bedeutung her total aufgeblasen", findet er, schließlich seien etwa in der Metall- und Elektroindustrie weniger als fünf Prozent der Beschäftigten betroffen.

Offen lässt er allerdings, warum er sich mit Händen und Füßen gegen eine Regulierung wehrt, wenn die Leiharbeit denn angeblich ohnehin nur eine Art Randerscheinung darstellt. Sie sei eben nötig, um den immer häufiger auftretenden Schwankungen gerecht zu werden, lautet die ausweichende Antwort - geflissentlich übersehend, dass die IG Metall nicht die komplette Abschaffung fordert, sondern eine vernünftige Regulierung.

Gereizte Reaktionen ...

Entsprechend gereizt reagierte der Gesamtmetall-Chef auf die Ankündigung des ersten IG Metall-Vorsitzenden Berthold Huber, dass die IG Metall die Leiharbeit zum Thema der kommenden Tarifrunde macht. Betriebsräte müssen künftig über Einsatz, Dauer und Übernahme der Leiharbeiter in reguläre Beschäftigungsverhältnisse mitbestimmen können, erklärte Huber am Dienstagabend vor Journalisten - Kannegiesser schimpfte postwendend, "die Gewerkschaft sollte uns und unsere Belegschaften jetzt nicht mit Kriegsschauplätzen belasten, auf denen sie in erster Linie die eigene Mitgliederwerbung fördern will".

... und Verschleierungsversuche

Gleichzeitig bemühte er in diesem Zusammenhang das angebliche Interesse der Betriebsräte: "Wir sollten unsere Betriebsräte nicht mit den Belegschaftsfragen anderer Unternehmen belasten. Darum haben sich die Betriebsräte der Zeitarbeitsfirmen zu kümmern." Dass die Mehrheit der Betriebsräte in der Metall- und Elektroindustrie für klare Leiharbeitsregelungen eintritt, wird dabei unbekümmert ignoriert; das selbe gilt für die Tatsache, dass man die Verwantwortung für tausende LeiharbeitnehmerInnen nicht einfach damit abtun kann, man beschäftige sie zwar, sei aber nicht ihr Arbeitgeber.

Zum bevorstehenden Gewerkschaftstag der IG Metall (9.-15.10.) räumt Kannegiesser immerhin ein, es gebe bei der IG Metall "noch genügend vernünftige Leute", die nach Lösungen für alle suchten. Diese fordert er auf, darüber nachzudenken, "ob Radaupolitik und Tarif-Boulevard mehr Mitglieder mobilisiert als der Nachweis von Problemlösungskompetenz und Betriebsnähe".