Siemens Dialog
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20.04.2024, 11:04 Uhr

Schadensersatzforderungen: "Folterwerkzeuge" ausgepackt

  • 23.09.2009
  • Allgemein

(Update) In der Frage der Schadensersatzforderungen an ehemalige Siemens-Manager kündigt sich ein Paukenschlag an: Einem Zeitungsbericht zufolge wird Siemens den gesamten Milliardenschaden aus der Korruptionsaffäre gerichtlich geltend machen, wenn das Tauziehen um die aktuellen, vergleichsweise niedrigen Forderungen für eine gütliche Einigung nicht in absehbarer Zeit ein Ende findet.

Steigender Druck auf Heinrich von Pierer

Die "<link http: www.sueddeutsche.de wirtschaft text _blank external-link-new-window>SZSüddeutsche Zeitung" berichtet am Mittwoch unter Berufung auf "Angaben aus der Unternehmensspitze", Siemens werde den gesamten Schaden aus der Affäre - rund 2,5 Milliarden Euro - gegen Heinrich von Pierer gerichtlich einklagen, wenn der frühere Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzende die von ihm geforderten sechs Millionen nicht binnen weniger Wochen zahlt.

Neues Niveau der Manager-Haftung

Kommt es zu diesem Schritt, eskaliert die Auseinandersetzung ein für deutsche Verhältnisse bislang unerreichtes Niveau in der Manager-Haftung. Im Gegensatz zu einer außergerichtlichen Einigung wären dann Abstufungen juristisch kaum mehr möglich, eine Klage würde sich daher auf der einen Seite auf den gesamten Schaden, auf der anderen auf Pierers gesamtes Vermögen beziehen. Die volle Haftung von Managern mit ihrem privaten Vermögen, in den USA seit dem Enron-Skandal weit verbreitet, käme damit auch in der deutschen Wirtschaft an.

Knappe Frist für außergerichtliche Einigung

Mitglieder des am Mittwoch in München zusammentretenden Aufsichtsrats zitiert die "SZ", die Frist für die bislang nicht zahlungswilligen acht ehemaligen Vorstände laufe "in wenigen Wochen" ab. Mit Blick auf die Hauptversammlung im Januar 2010 werde man daher bei der nächsten Aufsichtsratssitzung im Dezember Schadenersatzklagen beschließen müssen, um nicht selbst durch die Aktionäre haftbar gemacht zu werden. Was den als "Hardliner" geltenden Pierer betrifft, scheint offenbar trotz der Gefahr eines riskanten Gerichtsverfahrens fraglich, ob er sich auf den Vergleich über sechs Millionen Euro einlassen wird.

Pierer selbst weist wie gehabt jede Schuld zurück und will sich darüber hinaus wegen der laufenden Gespräche mit Siemens nicht äußern. Sein Nachfolger als CEO, Klaus Kleinfeld, lehnt gleichfalls jegliche Verantwortung ab, ist aber den Quellen zufolge unter Umständen eher bereit, die von ihm geforderten zwei Millionen Euro zu zahlen. Aus dem Umfeld der übrigen bis dato zahlungsunwilligen Ex-Vorstände zitiert die "SZ", es sei in derlei Auseinandersetzungen Standard, "den Druck zu erhöhen und die Folterwerkzeuge auszupacken".

Ultimatum bis Mitte November

Update: Siemens selbst <link http: w1.siemens.com press de pressemitteilungen index.php _blank external-link-new-window>undefinedteilte am Vormittag mit, man gebe den ehemaligen Vorständen "bis Mitte November 2009 Gelegenheit, ihre Vergleichsbereitschaft zu erklären" und werde anschließend Klagen erheben. Der Zeitrahmen ergibt sich der Pressemitteilung zufolge aus den Fristen zur Vorbereitung der Hauptversammlung, die über alle erzielten Vergleichsvereinbarungen abschließend entscheiden muss.