Siemens Dialog
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20.04.2024, 17:04 Uhr

Siemens deckt die Karten auf

  • 30.09.2009
  • Allgemein

Über 65 Prozent der TeilnehmerInnen an unserer Online-Umfrage der vergangenen Wochen gingen davon aus, Siemens bereite für den Herbst einen neuen Spar-Rundumschlag vor. Offenbar sollen sie mit dieser pessimistischen Meinung recht behalten: Am Dienstag wurden entsprechende Pläne für gleich mehrere Bereiche bekannt.

"Wer eine Informationspolitik betreibt wie Siemens, braucht keine Verschwörungstheoretiker", fasst die "<link http: www.ftd.de unternehmen industrie :verunsicherung-siemens-verschleiern-als-programm _blank external-link-new-window>FTDFinancial Times Deutschland" die Taktik zusammen, die mit den Ankündigungen offensichtlich wird. Befürchtungen, man warte in deutschen Chefetagen die Bundestagswahl ab, um erst dann Unerfreuliches bekannt zu geben, gab es viele (siehe Kahlschlag nach der Wahl?). Am Wittelsbacherplatz hat man diese Sorgen nun unerwartet drastisch bestätigt: "Siemens wagt sich zwei Tage nach der Bundestagswahl als erster Konzern aus der Deckung" (<link http: www.ftd.de unternehmen industrie :alarmsignal-siemens-erwartet-lange-durststrecke _blank external-link-new-window>FTDFTD).

Abbaupläne bei Healthcare und Industry

Einschnitte soll es nach derzeitigem Stand gleich in mehreren Bereichen geben. Bei Healthcare stehen rund 750 Stellen in allen drei Divisionen zur Disposition. Bei Industry kündigte Kaeser ohne genaue Zahlen grundsätzlichen Bedarf von "Personalanpassungen" an, um auf die gesunkenen Auftragseingänge zu reagieren (siehe "Stellenabbau unausweichlich").

EDM: Verkleinerung und 'Carve Out'

Konkret wird es in einem ersten Schritt in der Division Industry Solutions, wo Siemens das EDM-Geschäft (<link http: www.siemens-edm.de _blank external-link-new-window>EDMElectronic Design and Manufacturing Services) mit gut 650 Beschäftigten verkleinern und ausgliedern will. Die Pläne betreffen Elektronikfertigungen sowie Vertrieb in den Niederlassungen und in Erlangen; wie Siemens am Dienstag den Wirtschaftsausschuss des Gesamtbetriebsrates informierte, soll die Fertigung in München mit rund 100 Beschäftigten komplett eingestellt werden.

Nach der anschließenden Ausgliederung prüft man laut Siemens "alle Optionen" - die Erfahrung mit ähnlichen Fällen zeigt, was darunter zu verstehen ist (siehe Zweifelhafte Meisterehre). Ein Betroffener aus Erlangen fasste die entsprechend weit verbreiteten Erwartungen am Mittwoch in einer Mail an den Siemens Dialog zusammen: "Der Rest der EDM soll verkauft werden, was einer Entlassung mit längerer Frist gleich kommt."

Kritik von Gesamtbetriebsrat und IG Metall

IG Metall und Gesamtbetriebsrat kritisierten vor diesem Hintergrund in einer ersten Reaktion die Pläne für EDM und wollen sich für den Verbleib bei Siemens einsetzen; die übliche Floskel "mangelnder Portfolio-Synergieen" ersetzt keine überzeugende Begründung für den Carve Out eines Bereichs, der noch vor einem halben Jahr als besonders starker Dienstleister "im Bereich Embedded Electronic für die Branchen Industrie, Energie und Medizientechnik" <link http: www.evertiq.de news _blank external-link-new-window>Evertiqgeschildert wurde.

Sollte Siemens die als unternehmerische Entscheidung nicht mitbestimmungspflichtigen Absichten dennoch umsetzen, werden die Arbeitnehmervertreter ein tragfähiges Geschäftskonzept einfordern. Die EDM-Beschäftigten sollen in diesem Fall durch eine angemessene Kapitalausstattung, Auftragsgarantien und eine Standort- und Beschäftigungssicherung sichere wirtschaftliche und soziale Perspektiven erhalten.