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16.04.2024, 06:04 Uhr

Wildwest am Arbeitsmarkt

  • 10.09.2008
  • Allgemein

Die Arbeitslosigkeit sinkt, freut man sich in Politik und Wirtschaft, und verweist auf angebliche Impulse aus Leiharbeit und geringfügiger Beschäftigung. Eine aktuelle Statistik des Bundes allerdings bestätigt Befürchtungen der Gewerkschaften: So genannte "neue" verdrängen zunehmend die normalen Beschäftigungsformen.

Von 1997 bis 2007 stieg der Anteil atypischer Beschäftigungsformen in Deutschland um acht auf 25 Prozent. Wie das <link http: www.destatis.de jetspeed portal cms sites destatis internet de presse pk arbeitsmarkt _blank external-link-new-window>Statistische Bundesamt am Dienstag in Frankfurt mitteilte, prägte diese Zunahme neuer Beschäftigungsformen die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre maßgeblich. Unter 'neue' oder 'atypische' Beschäftigungformen fallen befristete oder geringfügige Verhältnisse, Teilzeit- sowie Zeitarbeit; 'normale' Beschäftigung bezeichnet Vollzeitarbeit auf einer dauerhaften vertraglichen Grundlage in dem Unternehmen, mit dem der Arbeits­vertrag besteht.

Zuwachs auf Kosten sozialer Sicherheit

Während die Zahl der Erwerbstätigen in Normalarbeitsverhältnissen von 1997 bis 2007 um 1,5 Millionen sank, stieg die Anzahl der Personen in atypischen Beschäftigungsformen in diesem Zeitraum um 2,6 auf jetzt 7,7 Millionen an (Grafik). Das Fazit: Der erfreuliche Zuwachs der vergangenen zehn Jahre ist vor allem auf atypische Beschäftigung zurückzuführen.

Wolfgang Strohm, Leiter der Abteilung 'Gesamtrechnungen, Arbeitsmarkt' im statistischen Bundesamt: "Die Zahl atypisch Beschäftigter hat in allen Formen zugenommen. Quantitativ am bedeutendsten ist die Steigerung der Teilzeitbeschäftigten [...] Die Zahl der Zeitarbeitnehmer ist zwar absolut nur um gut 430.000 gestiegen, was allerdings einer enormen Steigerung um 235 Prozent gleichkommt." Er betont, dass die Gesamtentwicklung "vor diesem Hintergrund beleuchtet werden muss", zumal die Verlagerung auf atypische Beschäftigung vor allem zwei ohnehin benachteiligte Gruppen betrifft: Frauen und junge ArbeitnehmerInnen.

Wildwest am Arbeitsmarkt stoppen

Der DGB kritisiert in einer <link http: www.dgb.de presse pressemeldungen pmdb _blank external-link-new-window>Reaktion auf diese Zahlen, immer mehr ArbeitnehmerInnen würden in "unsichere, schlecht bezahlte und perspektivlose Jobs gedrängt". Die Statistik zeige, dass das Motto "Sozial ist, was Arbeit schafft" in eine Sackgasse führe und Millionen Beschäftigte in die Armut treibe. Er fordert daher die Koalition zum Handeln auf: "Es ist und bleibt ein handfester Skandal, dass immer mehr Beschäftigte von ihrer Arbeit nicht leben und keinerlei Perspektive aufbauen können. Die Koalition sollte schnellstens die Reißleine ziehen und dem Wildwest auf dem Arbeitsmarkt ein Ende bereiten. Dazu gehören vor allem die flächendeckende Einführung von Mindestlöhnen und die rigorose Eindämmung des Missbrauchs vor allem bei der Leiharbeit."