Siemens Dialog
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28.03.2024, 12:03 Uhr

Auch bei der Inflationsausgleichsprämie:

Besser mit Tarif

  • 31.01.2023
  • Allgemein

Der Tarifabschluss 2022 für die Metall- und Elektroindustrie sieht neben der Entgelterhöhung um 8,5 Prozent in zwei Stufen auch eine stattliche Inflationsausgleichsprämie über insgesamt 3.000 Euro vor. Da tarifliche Leistungen grundsätzlich nur für Beschäftigte gelten, die auch tatsächlich einer Tarifbindung unterliegen, gehen unter anderem außertarifliche Kolleg*Innen dabei allerdings leer aus.

Ob tarifliches Zusatzgeld (T-ZUG) oder Transformationsgeld - in den vergangenen Jahren sind neben den sogenannten tabellenwirksamen Entgelterhöhungen mehrere regelmäßig wiederkehrende Einmalzahlungen in das Gesamtentgelt der tariflichen Beschäftigten eingeflossen.

Dass sie allen Beschäftigten in Betrieben ohne Tarifbindung entgehen, sofern die entsprechenden Unternehmen sie nicht freiwillig übernehmen, liegt auf der Hand. Analog gilt dies aber auch für außertarifliche Beschäftigte ("ATler") in tarifgebundenen Unternehmen wie Siemens, Siemens Energy und Siemens Healthineers AG; dieser Umstand stößt bei manchen Betroffenen auf Unverständnis, eine Erklärung ist angebracht.

Zentraler Faktor in diesem Zusammenhang ist ein rechtlicher Grundsatz: Nur Gewerkschaftsmitglieder haben verbindlichen Rechtsanspruch auf tarifliche Leistungen*. Die Übertragung auf Nichtmitglieder in tarifgebundenen Unternehmen ist zwar weit verbreitet, bleibt aber juristisch eine freiwillige Maßnahme des Arbeitgebers.

Im Siemens-Universum ist diese freiwillige Maßnahme mit wenigen Ausnahmen feste Praxis, von der viele tausende Beschäftigte, die nicht in der IG Metall sind, jeden Monat profitieren. Hinsichtlich des regelmäßigen Entgelts betrifft dies indirekt auch außertarifliche Beschäftigte, also die ATler: Ihr Mindestentgelt nämlich basiert auf dem Abstand zwischen tariflichem und übertariflichem Entgelt ("Abstandsklausel"). Wird das tarifliche Entgelt also nach einer Tarifrunde angehoben, steigt automatisch auch das übertarifliche.

Dieser Mechanismus beschränkt sich zwangsläufig auf das regelmäßige Entgelt gemäß Entgelttabelle, da der Mindestabstand nur dort definierbar ist; Einmalzahlungen sind also grundsätzlich nicht betroffen. Die Firmenseite könnte natürlich auch sie theoretisch jederzeit freiwillig auf die ATler übertragen. In der Regel lehnt sie dies allerdings ab, so dass ATler im Zuge der vergangenen Tarifrunden eben beispielsweise weder T-ZUG, noch Transformationsgeld erhalten.

Dies setzt sich aktuell mit der Inflationsausgleichsprämie fort, die in der Tarifrunde 2022 vereinbart wurde. In den Verhandlungen schlug die IG Metall der Arbeitgeberseite übrigens vor, in diesem Fall mit Blick auf die rasant steigende Inflation ausnahmsweise auch die ATler einzubeziehen, zumal es sich um eine nicht regelmäßig wiederkehrende Einmalzahlung handelt. Die Arbeitgeberseite ging darauf jedoch aus naheliegenden Gründen nicht ein.

Als Fazit lässt sich also ziehen, dass keineswegs die IG Metall in irgendeiner Form die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie an ATler verhindert; ihre Verhandlungszuständigkeit ist schlicht und einfach per Gesetz explizit auf ihre tarifgebundenen Mitglieder begrenzt.

Bleibt also die Frage, warum es trotzdem durchaus auch für AT-Beschäftigte lohnt, in der IG Metall zu sein. Die Antwort liegt in der Durchsetzungsfähigkeit, mit der IG Metall und Betriebsräte auch für AT-Beschäftigte und deren Interessen eintreten.  Das gilt für Tarifverhandlungen, Stichwort Mindestabstand, aber genauso für alle anderen Verhandlungen, etwa zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung. Gute Argumente allein helfen dort allzu oft nciht weiter; dazu braucht es vor allem Stärke und die Fähigkeit, Druck aufzubauen. Auf den Punkt gebracht: Je mehr Beschäftigte in der IG Metall sind, desto stärker ist ihre Verhandlungsposition.


* gem. §§ 3,4 Tarifvertragsgesetz (Tarifgebundenheit, Wirkung der Rechtsnormen)

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