Siemens Dialog
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19.05.2024, 11:05 Uhr

Beitrag zur Innovationsoffensive?

  • 16.02.2004
  • Jugend

Ausbildungskonzentration bei Siemens: 14 von 32 Ausbildungsstätten schließen

Beitrag zur Innovationsoffensive?

Letzte Woche stellte Günther Hohlweg, Leiter der Abteilung Siemens Professional Education (SPE), zusammen mit Vertretern von CP dem Gesamtbetriebsrat die Pläne zur Konzentration der Ausbildung vor. Auf die detaillierten Ausführungen musste der Gesamtbetriebsrat bis zu dieser außerordentlichen GBR-Sitzung warten, in der eine entsprechende Entschließung des Siemens-Zentralvorstands vorgestellt wurde. Inhaltlich steht dieser für ein Zusammenschrumpfen der Ausbildung bei Siemens - die Presseabteilung allerdings verkauft die Maßnahmen in ihrer aktuellen Mitteilung als „Modernisierung“ der Ausbildung.

 

„Zukunft durch Ausbildung“ nennt Siemens die aktuelle Ausbildungsreform. Konkret bedeutet das für die Zukunft der Ausbildung, dass Siemens SPE 14 von 32 Ausbildungsstätten schließen wird. Auch die Zahl der Technik Akademien wird rapide reduziert: Von fünf Technik Akademien bleiben nur zwei übrig, und zwar an den bayerischen Standorten in Erlangen und München. Auch die gerade vor einem Jahr mit großem Aufwand und mit Politprominenz gegründete Technik Akademie in Düsseldorf wird dicht gemacht. Die kaufmännischen Schulen werden ebenfalls konzentriert, und zwar in Berlin, Erlangen und München. Die Essener Schule wird geschlossen, die Berliner Medien Academy schließlich verkauft.

 

Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern werden in Zukunft ganz ohne Ausbildungswerkstatt auskommen müssen. Im Norden Deutschlands wird nur noch in Competence Center Hamburg ausgebildet. Das bedeutet vor allem für die Jugendlichen in den betroffenen Regionen, dass sie lange Fahrten, Umzüge und andere Nachteile in Kauf nehmen müssen, um in den Genuss der bisherigen Ausbildungsqualität zu kommen. Dabei wird es für sie künftig ohnehin erheblich schwieriger werden, einen Ausbildungsplatz bei Siemens zu bekommen.

 

Denn nicht nur die Siemens-Ausbildungsstätten werden reduziert; wie schon im Vorfeld angekündigt, wird sich auch die Zahl der überhaupt bei Siemens angebotenen Ausbildungsberufe auf 30 Kernberufe halbieren. Siemens wird zudem immer weniger Jugendliche als Azubis einstellen, wie dies schon der Trend der letzten Jahre ist: Waren es 2001 noch 2.900 Einstellungen, belief sich diese Zahl im Jahr 2003 nur noch auf 2.200. Und wo weniger ausgebildet wird, braucht man auch weniger Ausbilder. 30 Prozent der Ausbilderstellen will Siemens streichen - und das bedeutet für die verbliebenen MitarbeiterInnen der Ausbildungsstätten zusätzlichen Druck. Rationalisieren will Siemens unter anderem auch durch eine komplette Umstellung auf Online-Bewerbungen ab 2005. Angesichts der "digitalen Spaltung" in der Gesellschaft und auch unter der Jugend besteht die Gefahr, dass das Online-Bewerbungsverfahren ganze soziale Gruppen von Jugendlichen diskriminiert. Bisher waren parallel beide Bewerbungsverfahren (traditionell und als Online-Bewerbung) möglich.

 

Zwar hält die Siemens Professional Education dieses Konzept für ausgewogen. Die Diskussion im Gesamtbetriebsrat war jedoch äußerst kritisch. Die Betriebsräte prangerten unter anderem an, dass der Siemens-Konzern mit der Konzentration der Ausbildung seiner gesellschaftlichen Verantwortung immer weniger gerecht wird.

 

Der Gesamtbetriebsrat hat die Unterrichtung nach §106 Betriebsverfassungsgesetz für abgeschlossen erklärt. Da es sich bei der geplanten Konzentration der Ausbildung um eine sogenannte Betriebsänderung handelt, muss Siemens mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich verhandeln. Vor einer Einigung darüber darf das Unternehmen an einzelnen Standorten keinerlei Maßnahmen durchführen, die mit dieser Restrukturierung zusammen hängen. SPE darf also noch keine Fakten schaffen!

 

Unklar ist noch die Zukunft der Ausbildungen der Siemens-Geschäftsbereiche; diese Ausbildungen gehören nicht zu SPE. Die Ausbildung in den Werken hängt vom Konzept für die Siemens-Fertigungsstandorte ab, das in der Mache ist. Da steht einiges bevor, zum Beispiel die Schließung und Zusammenfassung der Elektronik-Fertigungen. Auch wenn Siemens mit der Ausbildung weiter in der Fläche präsent bleiben will, wird es die einzelnen von den Schließungen betroffenen Regionen hart treffen. Das Ende der Ausbildung in einem Werk ist ein düsteres Vorzeichen für die Zukunft des gesamten Werkes.

 

(rh/wm)

 

 

Hier geht's zur <link http: www.siemens.com link>Pressemeldung von Siemens