Siemens Dialog
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26.04.2024, 01:04 Uhr

Berichte vom Aktionstag: Nürnberg Moorenbrunn

  • 29.05.2014
  • Allgemein

Für die meisten Beschäftigten in Nürnberg-Moorenbrunn ist noch weitgehend unklar, welche Folgen die angekündigte Neuorganisation der Siemens AG für ihren Standort und die Arbeitsplätze haben werden. Dabei sind die Auswirkungen des letzten Kostensenkungsprogramms ‚Siemens 2014‘ noch gar nicht richtig verdaut.

Denn außer einer rechnerischen Gewinnsteigerung infolge der Personalkostenreduzierung ist von den Segnungen des I-POP-Programmes bislang noch nichts bei den Kolleginnen und Kollegen angekommen. Jetzt fragen sich viele: War ‚I-POP‘ nur der Probelauf für Kaesers ‚Vision 2020‘?

Im Rahmen des Aktionstages informieren die IG Metall-Betriebsräte ihre Kolleginnen und Kollegen direkt vor dem Haupteingang über die Neuorganisation und machen zugleich deutlich, dass für sie die Zukunft bei Siemens nur mit allen Kolleginnen und Kollegen geht. In einem eigens für den Standort erstellten Flugblatt warnen sie vor den möglichen personellen Folgen des Umbauprogramms und stellen in Anspielung auf Kaesers Äußerungen zum Thema Bürokratieabbau und „respektvoller Umgang“ die Frage, ob nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden „alles gut sei“, wenn die „Leute ihren Aufhebungsvertrag mit Respekt übergeben bekommen“? Für die Metallerinnen und Metaller in Moorenbrunn jedenfalls nicht; für sie steht zudem außer Frage, dass die geltende Vereinbarung zur Beschäftigungs- und Standortsicherung einzuhalten ist.

Viele sind bereits über die Grenzen hinausgegangen

Mit Blick auf die von Herrn Kaeser beschworene neue Unternehmerkultur („Jeder soll sich als eigener Unternehmer fühlen und über sich hinauswachsen, an seine Grenzen gehen.“) verweisen die IG Metaller auf eine repräsentative Studie, wonach ein Anstieg der psychisch bedingten Krankheitstage um mehr als 1600 % seit 2004 zu verzeichnen sei. Die Mitarbeiter gingen danach also bereits seit zehn Jahren über ihre Grenzen hinaus. Die vom CEO in Aussicht gestellte Gegenleistung in Form einer Ausschüttung zusätzlicher Belegschaftsaktien im Gesamtwert von bis zu 400 Mio. Euro ergäbe dem gegenüber bei einer Gleichverteilung unter den Siemens-Beschäftigten einen Gegenwert von ca. 1.000 € pro Mitarbeiter. „Ist uns das unsere Gesundheit wert?“ fragen sich da die Kolleginnen und Kollegen.

Echter Kulturwandel oder hohle Phrase?

Im Rahmen der Verkündung seiner „Vision 2020“ äußerte Joe Kaeser seine Absicht, einen Kulturwandel bei Siemens herbeizuführen, ohne allerdings näher auszuführen, was genau er darunter verstehe. Auch die Metallerinnen und Metaller am Standort Moorenbrunn streben im Rahmen des Arbeitnehmeransatzes „Siemens 2020“ einen Kulturwandel im Unternehmen an. Dazu gehöre zum Beispiel ein respektvoller Umgang im alltäglichen Miteinander über alle Hierarchieebenen hinweg. Aber auch eine konstruktive Grundhaltung zur Interessenvertretung von Seiten des Unternehmens, bei der Mitbestimmung nicht als lästige gesetzliche Pflichtübung, sondern als Chance für die Beschäftigten und den nachhaltigen Unternehmenserfolg verstanden wird. Es bleibe insofern zu hoffen, dass Joe Kaeser seine Vorstellungen von „Kulturwandel“ in absehbarer Zeit noch präzisiert, damit dieser nicht zur holen Phrase wird und am Ende des Tages dann doch wieder nur das zählt, was sich „kaufmännisch verbuchen lässt“, so die Kolleginnen und Kollegen aus Moorenbrunn in ihrem Flugblatt (siehe Download) weiter.