Siemens Dialog
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26.04.2024, 23:04 Uhr

Dynamowerk: Schweigen aus München erzürnt Beschäftigte

  • 28.10.2017
  • Operativ

Am Freitag setzte der Betriebsrat im Berliner Dynamowerk seine zusätzliche Betriebsversammlung vom Mittwoch fort. Dass der Siemens-Vorstand auch am Donnerstag den kurzfristig einberufenen Wirtschaftsausschuss und die Beschäftigten nicht über seine medial angedeuteten Pläne informierte, erzürnt die Kolleginnen und Kollegen. Joe Kaeser gibt in ihren Augen ein klägliches Bild ab.

Der Betriebsratsvorsitzende Predrag Savic, sein Vorgänger Olaf Balduan und Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin diskutieren mit den Beschäftigten.

Die Beschäftigten im Dynamowerk sind angefressen. „Sind wir denn Menschen zweiter Klasse?“, fragten viele auf der heute fortgesetzten Betriebsversammlung. Die Presse informieren, die Beschäftigten, die Kaeser Pläne ausbaden müssen, nicht. Das ist kläglich. Kampflos werden sie nicht gehen.  „Wir werden um unsere Arbeitsplätze kämpfen“, sagte Marion Wenzel, Vertrauenskörperleiterin im Dynamowerk.

Arbeitgeber mauern im Wirtschaftsausschuss

Viele Beschäftigte nicht nur in Berlin, sondern auch an den anderen gefährdeten Standorten, hatten angenommen, dass der Vorstand seine Pläne im Wirtschaftsausschuss endlich präsentiert. Hat er nicht. Und die Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter haben die Konsequenz gezogen. „Wir haben Klartext gefordert, die Firmenseite hat aber konkrete Aussagen verweigert», sagte Siemens-Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn im Anschluss an die gestrige Sitzung gegenüber der dpa. «Daher haben wir den Wirtschaftsausschuss abgebrochen.» Das gab es in der Amtszeit von Steinborn noch nie.

Scharfe Kritik an Kaeser

Olivier Höbel, Chef des größten ostdeutschen Bezirks der IG Metall, hat mit scharfer Kritik auf jüngste Pläne zu Stellenabbau und Standortschließungen bei Siemens reagiert. Der geplante Kahlschlag würde vor allem Standorte und Arbeitsplätze im Osten treffen, und das wäre fatal für die Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und die weitere Entwicklung der Zivilgesellschaft, kritisierte Höbel. Er forderte den Konzernvorstand auf, den Margen-Wahn aufzugeben und genau die gesellschaftspolitische Verantwortung zu übernehmen, die Siemens-Chef Joe Kaeser nach der Bundestagswahl von den Eliten des Landes eingefordert hatte.

Kaesers Eliten-Schelte und eigenes Handeln im offenen Widerspruch

Mit Blick auf Äußerungen Kaesers nach der Bundestagswahl warf Höbel dem Konzernlenker Doppelmoral vor. Am 25. September hatte Kaeser den Einzug der national-populistischen AfD in den Bundestag als „Niederlage der Eliten“ bezeichnet. "Es muss die Aufgabe von uns allen sein, Menschen, die sich zurückgesetzt fühlen, einzubinden und ihnen Perspektiven zu geben. Für den Wohlstand im Lande, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und für Frieden und Freiheit ist genau das letztlich entscheidend", hatte Kaeser gesagt und betont, als Industrieland müsse Deutschland die „Vierte Industrielle Revolution“ formen und so gestalten, dass möglichst alle Menschen davon profitieren.

„Genau einen Monat später erleben wir das Gegenteil: Obwohl der Konzern finanziell hervorragend dasteht, werden die Beschäftigten nicht mitgenommen, und ihnen wird keine Perspektive gegeben, sondern es wird getäuscht, gemauert und ausgegrenzt." Sie sind Teil der gesellschaftlichen Elite, also verhalten Sie sich auch entsprechend verantwortlich gegenüber Ihren Arbeitnehmern, sagte Höbel in Richtung Kaeser am Freitag in Berlin.

Bei Belegschaftsversammlungen und im Wirtschaftsausschuss des Gesamtbetriebsrats hatten die IG Metaller in dieser Woche deutlich gemacht: „Wir werden kämpfen – um jeden Arbeitsplatz und jeden Standort.“