Am 14. Mai 2004 lädt die IG Metall zum großen Treffen in Nürnberg
Betriebsräte und IG Metall-Funktionäre aus allen Siemens-Standorten in Deutschland treffen sich am Freitag, 14. Mai 2004 zu einer bundesweiten Siemens-Konferenz in Nürnberg. Eine Anmeldung ist nach wie vor möglich.
Da sich der Konflikt um die Themen Jobabbau, Arbeitsplatz-Verlagerungen, Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich und Einkommenssenkung sehr zugespitzt hat, soll auf der großen Konferenz das weitere Vorgehen geklärt werden. Es geht um die Moblilisierung der Angestellten und darum, tarifpolitische und betriebliche Antworten auf die Siemens-Pläne zu finden.
Der IG Metall-Vorstand lädt die Siemens-Betriebsbetreuer der Gewerkschaft, die BR-Vorsitzenden, die Vertrauenskörperleiter, die Mitglieder im Gesamt- und Konzernbetriebsrat bei dem Treffen in Nürnberg zum Dialog. Auch Mitglieder der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung sowie der Gesamt-Schwerbehindertenvertretung werden auf der Siemens-Konferenz erwartet.
Konferenz-Beginn: 9.30 Uhr, Ende: 13 Uhr (Meistersingerhalle, Münchener Str. 21). Teilnahmebetrag: 125.- Euro.
Hauptamtliche Mitarbeiter der IG Metall können sich formlos per E-Mail zu dem bundesweiten Treffen anmelden über: inge.poljak oder per Fax: 089-53 89 885. Auch Siemens-Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Journalisten werden gebeten, ihr Kommen per Mail kurz anzukündigen. Für Medienvertreter findet gegen 13.45 Uhr eine Pressekonferenz statt. (at)igmetall.de
BR-Vorsitzende und Vertrauenskörper-Leiter können die Siemens-Konferenz in der Firma nach § 37 Absatz 6 Betriebsverfassungsgesetz angeben.
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Zum Thema "Streit um die Arbeitsplatzverlagerungen" das aktuelle Interview mit IG-Metall Vize Berthold Huber („Welt am Sonntag", 2. Mai 2004).
WELT am SONNTAG: Herr Huber, Siemens-Chef Heinrich von Pierer hat damit gedroht, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, wenn sich die IG Metall nicht auf längere Arbeitszeiten und Lohnverzicht einlässt. Ist das eine Herausforderung oder Gefahr für Ihre Gewerkschaft?
Berthold Huber: Die Gefahr besteht vor allem für die Arbeitnehmer. Diese Strategie von Siemens führt dazu, dass 74 000 Siemens-Arbeitsplätze in Deutschland bedroht sind.
WamS: Siemens spricht nur von 5000 gefährdeten Stellen.
Huber: Der Vorstand hat zwei Wahrheiten in die Öffentlichkeit gesetzt: Die erste Wahrheit ist, dass Siemens den Gesamtbetriebsräten erklärt hat, die Beschäftigung in Deutschland langfristig den Umsatzzahlen angleichen zu wollen. So errechnet sich ein Überhang von 74 000 Stellen, auch wenn Siemens davon jetzt nichts mehr wissen will. Die zweite Siemens-Wahrheit besagt, dass derzeit etwa 5000 Arbeitsstellen gefährdet seien.
WamS: Mit den Zahlen haben die Gesamtbetriebsräte viel Wirbel verursacht. Taktik?
Huber: Wir machen den Wirbel doch nicht! Es ist doch der Siemens-Vorstand, der ein Bedrohungsszenario aufgebaut hat. Ich sehe eine unheilige Allianz zwischen Herrn von Pierer und Herrn Stoiber, der die 42-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst einführen will. Nun macht sich der Siemens-Vorstand in der Industrie zum Sprachrohr des bayerischen Ministerpräsidenten.
WamS:Der Siemens-Chef hält den jüngsten Metall-Tarifabschluss für zu hoch.
Huber: Moment mal, dann hätte er dem Tarifvertrag vor acht Wochen nicht zustimmen sollen. Jetzt ist es die erklärte politische Absicht von Siemens, den Tarifabschluss noch einmal nachzuverhandeln. Das ist eine Irreführung der Siemens-Beschäftigten und der Öffentlichkeit.
WamS: Im Tarifabschluss steht aber auch, dass längere Arbeitszeiten in einem Unternehmen möglich sind, wenn die Tarifparteien zustimmen.
Huber:Wenn es der Verstetigung der Beschäftigung dient - nicht der des Aktienkurses -, würden wir uns nicht verweigern. Der Unterschied ist aber, dass der Siemens-Vorstand das Thema zu einer politischen Agenda gemacht hat. Um einen konkreten Vorschlag zur Beschäftigungssicherung handelt es sich nicht.
WamS: Gleichzeitig halten sich Gerüchte, der Siemens-Konzern interessiere sich für Teile seines französischen Konkurrenten Alstom.
Huber: Das zeigt doch, dass der Konzern noch über genügend Manövriermasse verfügt, um sich dicke Fische wie Alstom zu angeln. Das Vermögen von Siemens ist ganz wesentlich von den viel gescholtenen Arbeitnehmern aufgebaut worden. Ich bin zwar generell dafür, dass sich die bundesdeutschen Konzerne global verorten. Das schließt auch Kooperationen, Fusionen und faire Übernahmen ein. Aber dann kann man den Beschäftigten in Deutschland nicht sagen: Das ist alles Mist, was ihr macht. Ihr müsst länger arbeiten für weniger Geld. Das ist schlicht unredlich. Aber das scheint der neue Stil in der Wirtschaft geworden zu sein.
WamS: Wie geht der Streit aus?
Huber: Wir haben am 14. Mai eine Betriebsrätevollversammlung. Der Siemens-Vorstand sollte zeitnah seine Vorstellungen auf den Tisch legen. Wenn er nicht von seinem politisch überhöhten Ross steigt, droht dem Konzern eine gewaltige Auseinandersetzung. Wenn es nicht anders geht, dann führen wir auch einen Flächenkonflikt.
WamS: Siemens-Chef von Pierer droht seinerseits damit, aus dem Arbeitgeberverband auszusteigen.
Huber: Ich würde Siemens empfehlen, sich das sehr, sehr gut zu überlegen.