Bei Siemens Logistics nähern sich die Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu den geplanten Betriebespaltungen und eine Überleitungsvereinbarung im Zusammenhang mit der ebenfalls geplanten Ausgliederung der Flughafenlogistik-Sparte in eine eigene Konzerntochter möglicherweise der Zielgeraden.
Vor diesem Hintergrund fanden vergangene Woche an den Standorten Konstanz, Nürnberg und Frankfurt Betriebsversammlungen im Online- bzw. Hybridmodus statt. Dabei bezogen Betriebsräte, Beschäftigte und IG Metall noch einmal deutlich Position für ihre Forderungen, die zuvor durch aktive IG Metaller und Vertrauensleute im Dialog mit ihren Kolleginnen und Kollegen an den Standorten entwickelt und aufgestellt wurden.
Unmissverständlich wurde die Geschäftsführung aufgefordert, im Hinblick auf eine nachhaltige Sicherung der künftigen Betriebe und Arbeitsplätze bei Parcel und Airport einen Zukunftsdialog mit den Arbeitnehmervertretungen aufzunehmen. Denn der strukturelle Wandel und die damit verbundenen Veränderungsprozesse gehen mit großen Herausforderungen für alle Beteiligten einher und bedürfen daher auch einer konstruktiven Gestaltung durch alle Stakeholder.
Bereits seit einigen Wochen pfeifen es die Spatzen von den Dächern der wie immer gut informierten Wirtschaftspresse: Siemens plant im Zuge der "Portfolio-Bereinigung" auch den Verkauf des Geschäfts für Paket- und Postautomatisierung. Gemeinsam mit der Flughafen-Logistik bildet dieser Bereich eine gemeinsame unternehmerische Einheit, die erst vor einigen Wochen im Zuge der "Vertikalisierung" organisatorisch voneinander getrennt wurden.
Dies war jedoch – wie zu erwarten war – nur die erste Stufe eines weitergehenden Trennungsprozesses, der nun im Februar 2022 in einer vertikalen Aufspaltung der Betriebe und zwei Monate später bereits in einer Ausgliederung des Airport-Geschäfts mitsamt Betriebsübergang in eine neu gegründete Siemens-Tochter („NewCo Airport“) seine Fortsetzung finden soll. Damit wäre das in der Siemens Logistics GmbH verbleibende Parcel-Geschäft ebenso alleingestellt und separat verkaufbar, wie die neu gegründete Airport-Gesellschaft.
Mit tatkräftiger Unterstützung der IG Metall und des Konzernbetriebsrates verhandeln die Logistics-Betriebsräte derzeit über einen Interessenausgleich zur Betriebsspaltung sowie eine Überleitungsvereinbarung im Zusammenhang mit der Airport-Ausgliederung. Ihnen geht es dabei vor allem darum, die aus der betrieblichen und gesellschaftsrechtlichen Spaltung resultierenden Gefahren für die Zukunft der Standorte und Arbeitsplätze soweit wie möglich zu begrenzen und die bestehenden Tarif- und Beschäftigungsbedingungen zu sichern.
Zuvor hatten die Vertrauensleute und Mitglieder der IG Metall im Rahmen von Workshops, Sprechstunden sowie digitaler Mitgliederversammlungen die wichtigsten Themen identifiziert und einen entsprechenden Anforderungskatalog aufgestellt, der die wesentliche Grundlage für die laufenden Verhandlungen mit der Geschäftsführung bildet.
In beinahe wöchentlichen Infos werden die Mitglieder bei SL über die Hintergründe und den aktuellen Stand der Verhandlungen auf dem Laufenden gehalten, ebenso werden regelmäßig bundesweite Online-Mitgliederversammlungen durchgeführt. Zudem haben sich binnen 48 Stunden über 120 Beschäftigte aus allen SL-Standorten an einer spontanen Foto-Blitzaktion beteiligt und zeigen auf einem Aktionsbanner unter dem Titel „Zukunft sichern. WIR sind SIEMENS LOGISTICS.“ persönlich Gesicht zu den Forderungen der Arbeitnehmerinnen und -nehmer. Auch wenn pandemiebedingt unsere Aktionsmöglichkeiten limitiert sind, so gelingt es den IG Metall-Vertrauensleuten durch kreative Ideen immer wieder, die Beschäftigten an den laufenden Verhandlungen zu beteiligen.
Die Verhandlungen zum Interessenausgleich zur Betriebsspaltung und zur Überleitungsvereinbarung für den Airport-Bereich gehen unterdessen in der Kalenderwoche 50 weiter. Nach Einschätzung von Marc-Peter Schambach, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Siemens Logistics GmbH, ist der bisher erreichte Verhandlungsstand in dieser Form zwar „noch nicht unterschriftsreif“; aber: „Mit etwas gutem Willen auf allen Seiten können wir in dieser Woche damit durch die Tür kommen.“
Mit Blick auf die Perspektive eines möglichen Verkaufs wäre dann ein erster Meilenstein erreicht; wenn auch noch nicht die gesamte Wegstrecke gelaufen. Denn dann stünde die nächste Herausforderung vor der Tür, nämlich die Absicherung der Tarif- und Beschäftigungsstandards gegenüber einem noch unbekannten potentiellen Erwerber. Voraussetzung dafür ist und bleibt eine stabile und handlungsmächtige Mitgliederbasis an den Standorten; die Mitgliederzuwächse in den letzten Wochen stimmen hier jedoch optimistisch.