Siemens hat sich den Teller - wieder einmal - ordentlich vollgeladen: Wegfall der Sektoren, Reduzierung der Divisions, Stühlerücken im Vorstand, Zukauf von Rolls Royce- und vielleicht Alstom-Teilen, Börsengang der S.A.T., Joint Venture mit Mitsubishi. Aus Sicht der IG Metall lässt sich über einiges reden - wenn klare Bedingungen erfüllt sind.
Die mit Spannung erwarteten Informationen zu diesem Umbau präsentierte Joe Kaeser am Mittwoch in Berlin Analysten und Journalisten, wobei die Zahlen zum zweiten Quartal neben der Fülle von Neuigkeiten in den Hintergrund traten.
Siemens 2014, Siemens 2020, Siemens-Vision 2020
Die Neuausrichtung stellt Siemens unter dem Oberbegriff "Siemens-Vision 2020" dar - man wird nun verstärkt aufpassen müssen, um Verwechslungen mit dem bereits weitaus länger bestehenden Zukunftsprogramm der Arbeitnehmerseite "Siemens 2020" auszuschließen.
Kein verdecktes Spar- und Abbauprogramm!
Aus Sicht der IG Metall kann man über die durch Siemens angekündigte Neuorganisation grundsätzlich durchaus reden, wenn durch sie in einem Zug überflüssige Komplexität reduziert wird und Siemens künftig wieder ein geschlosseneres Bild nach außen bietet. Dafür gibt es aus Arbeitnehmersicht allerdings mehrere zwingende Bedingungen, wie Jürgen Wechsler, der Bezirksleiter der IG Metall Bayern, in einer ersten Stellungnahme betonte: "Die Neuorganisation darf auf keinen Fall als Deckmantel für ein Programm zur Kostensenkung oder zum Stellenabbau missbraucht werden." Vor allem durch das Enfallen der Sektorenebene mit ihrer Vielzahl von Zentralfunktionen zeichnet sich ab, dass wohl tausende Arbeitsplätze auf die eine oder andere Weise betroffen sein werden.
Klare Bedingungen der Arbeitnehmerseite
Ein zentraler Punkt ist aus Sicht von IG Metall und Gesamtbetriebsrat die im Jahr 2010 geschlossene und seitdem stetig weiterentwickelte Standort- und Beschäftigungssicherung, die unter anderem betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Sie muss unverändert die Basis der Zusammenarbeit zwischen Siemens und der Arbeitnehmerseite bleiben. Wechsler fasste zusammen, was das unter anderem konkret bedeutet: "Das Leitmotiv ‚One Siemens‘ muss für das ganze Unternehmen gelten. So dürfen beispielweise Geschäftsbereiche, die bislang nicht die angestrebten Margenziele erreichen, nicht abgestoßen werden, sondern müssen innerhalb des Unternehmens aus eigener Kraft weiterentwickelt werden."
Außerdem fordert die IG Metall für alle Geschäftsbereiche der neuen Struktur die Entwicklung tragfähiger Wachstumsstrategien für die deutschen Standorte. Wechsler forderte - "übrigens nicht zum ersten Mal" - eine zukunftsfähige Personalstrategie für Deutschland als Heimat- und Leitmarkt, mit der bestehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden.
Die wesentlichen Veränderungen im Überblick:
- die vier Sektoren entfallen, statt dessen gibt es künftig neun Divisions:
Power and Gas
Wind Power and Renewables
Power Generation Services
Energy Management
Division Power Transmission
Building Technologies
Mobility
Digital Factory
Process Industries and Drives
Außerhalb dieser Struktur stehen Financial Services und die Corporate Services sowie Healthcare als "Unternehmen im Unternehmen".
- Energy-CEO Michael Süß geht; zuständig für die Divisions Power and Gas, Wind Power and Renewables sowie Power Generation Services wird ab August die bisherige Shell-Managerin Lisa Davis; Sitz in Orlando (Florida/USA)
- Klaus Helmrich wechselt die Zuständigkeit mit Siegfried Russwurm. Letzterer wird also Arbeitsdirektor und Chief Technology Officer, Helmrich die Divisionen Digital Factory und Process Industries and Drives
- Hörgerätesparte S.A.T. soll an die Börse
- Übernahme des Gasturbinen- und Kompressorengeschäfts vonRolls Royce
- Metallurgie geht in Joint Venture mit Mitsubishi Heavy Industries, Mitsubishi erhält Mehrheit von 51%