Siemens Dialog
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09.05.2024, 13:05 Uhr

"An der kurtzen Leine"

  • 31.08.2005
  • Operativ

Die Umsetzung des Tarifvertrags für die Niederlassungen hängt bei Punkten wie der leistungs- und ergebnisbezogenen Erfolgsbeteiligung und der Arbeitszeit von Gesamt- bzw. örtlichen Betriebsvereinbarungen ab. Auch bei letzterer gibt es immer noch Differenzen - eines der Themen in der neuen SIMAZ.

Während die Auseinandersetzung zwischen Siemens und dem Gesamtbetriebsrat über die LEE nun vor einer Einigungsstelle landet (siehe Einigungsstelle für "Erfolg und Leistung"), sind Einzelheiten zur Arbeitszeit durch Betriebsvereinbarung vor Ort zu regeln. Dabei geht es nicht um die vereinbarten zusätzlichen 0,8 Wochenstunden, sondern um die Handhabung von Samstagsarbeit und Arbeitszeitrahmen, Gleitzeit, Qualifizierungszeit, Zeitkonten usw. Die Tatsache, dass Klaus Kleinfeld im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ unter anderem nonchalant (wenn auch mit Blick auf SBS) den "Verzicht auf Überstundenzuschläge" ins Gespräch brachte, macht das Klima für Verhandlungen nicht gerade vertrauensvoller.

Die SIMAZ, Zeitung des Betriebsrats für die Beschäftigten der Niederlassung Hamburg, stellt in ihrer neuen Ausgabe die unterschiedlichen Positionen von Betriebsleitung und Betriebsrat gegenüber, die so oder ähnlich auch in anderen Niederlassungen auf dem Tisch liegen:

- Samstagsarbeit will die BL ohne Mehrarbeitszuschläge und Genehmigung durch den BR; dieser fordert Zuschläge und Genehmigungspflicht

- die Qualifizierungszeit will die BL regelmäßig mit der Arbeitszeit in eine 37-Stunden-Woche zusammenfassen; der BR will eine 35,8-Stunden-Woche, zu der die Qualifizierungszeit erst nach erfolgter Qualifizierung eingerechnet wird

- Gleitzeitguthaben sollen laut BL bis zu 33 Stunden pro Monat wachsen dürfen; der BR verlangt ab 22 Stunden Mehrarbeit

- den Arbeitszeitrahmen will die BL von 6 bis 20 Uhr festsetzen (14 Stunden), der BR von 6 bis 18 beziehungsweise von 7 bis 19 Uhr (12 Stunden)

- eine Zeiterfassung soll es gemäß der BL nur per Selbstaufschreiben bei Überschreiten der Normalarbeitszeit geben; der BR fordert die individuelle Dokumentation der täglichen Arbeitszeit

Damit ist aber noch längst nicht das Ende erreicht. Unterschiedliche Vorstellungen gibt es unter anderem noch beim Ausgleichszeitraum, den Minusstunden und beim Freizeitausgleich.

Zeit für faire Regelungen

Nach Einschätzung des Hamburger Betriebsrats sind die Schwierigkeiten, sich einvernehmlich zu einigen, zumindest in Punkto Qualifizierungszeit darauf zurückzuführen, dass die Berliner RD-Zentrale beziehungsweise Siemens CP auf die Betriebsleitungen Druck für eine überregional einheitliche Lösung in ihrem Sinne ausüben. Mit Anspielung auf den kaufmännischen Vorstand Peter Kurtz vermuten die BeschäftigtenvertreterInnen, man halte die regional Verantwortlichen „an der kurtzen Leine“, um die 37-Stunden-Woche flächendeckend festzuschreiben.

Eine Lösung scheint, zumindest in Hamburg, momentan nicht in Sicht; zu Beginn des neuen Geschäftsjahres am ersten Oktober sollen jedoch alle Regelungen stehen. Der Weg über die Einigungsstelle wird zu einer konkreten Möglichkeit, so das Fazit in Hamburg: "Es ist an der Zeit, dass der Betriebsrat diesen Weg beschreitet."