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18.05.2024, 15:05 Uhr

Blockadehaltung verhindert Konsens

  • 09.01.2007
  • Allgemein

Bereits Ende letzten Jahres legte die nach ihrem Vorsitzenden so benannte "Biedenkopf-Kommission" zur Modernisierung der Unter-nehmensmitbestimmung der Bundesregierung ihren Bericht vor. Ein Konsens scheiterte allerdings an unüberbrückbaren Differenzen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern.

Zeitgleich zur Übergabe des Berichts der noch unter der Regierung Schröder eingesetzten Kommission an Bundeskanzlerin Merkel begrüßte die IG Metall in einer  <link http: www.igmetall.de cps rde xchg sid-0a342c90-097b02ed internet style.xsl _blank>Pressemitteilung  vom 20. Dezember den Bericht grundsätzlich; ihr erster Vorsitzender Jürgen Peters wertete ihn unter anderem als Beleg dafür, "dass die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmen entscheidend zum Erfolg des Wirtschaftsstandortes und zur Gestaltung des demokratischen Gemeinwesens in Deutschland beiträgt." Positiv sei besonders die Empfehlung einer behutsamen Weiterentwicklung an statt der von den Arbeitgebervertretern angestrebten grundlegende Revision zu Lasten des Arbeitnehmereinflusses.

Als "bedauerlich" bezeichnete Peters, der der Kommission gemeinsam mit DGB-Chef Michael Sommer und dem RWE-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Günter Reppien auf der Arbeitnehmerseite angehört hatte, dass es aufgrund der "Blockadehaltung der Arbeitgebervertreter" nicht zu gemeinsamen Empfehlungen gekommen sei. Die Ursache dafür ist das starre Beharren der Arbeitgebervertreter, unter ihnen <link http: www.bda-online.de www bdaonline.nsf id home _blank>BDA-Präsident Dieter Hundt und <link http: www.bdi-online.de _blank>BDI-Präsident Jürgen Thumann, auf einer Reduktion der Arbeitnehmerbeteiligung in den Aufsichtsräten auf ein Drittel - obwohl die paritätische Besetzung angesichts des Doppelstimmrechts der Aufsichtsratsvorsitzenden genau genommen bereits jetzt gar nicht paritätisch ist. Die Empfehlung, mit Verhandlungslösungen die Regelung durch vorhandene Gesetze zu umgehen, stellt aus Peters' Sicht eine mögliche weitere Schwächung der Arbeitnehmerposition dar.

Der im Dezember vorgelegte Bericht beschränkt daher sich mangels einer gemeinsamen Basis auf die Empfehlungen der wissenschaftlichen Kommissionsmitglieder, durch die Vertreter von Unternehmen und Arbeitnehmern nur kommentiert. Aus Sicht der Arbeitnehmerseite ist dies auf den anhaltenden Versuch zurückzuführen, die "quasiparitätische Mitbestimmung" auf das Niveau der Drittelbeteiligung zu verschlechtern; letztlich lässt dies den Schluss zu, dass die Arbeitgeber an einer wirklichen Weiterentwicklung der Mitbestimmung nicht interessiert sind.

Die wissenschaftlichen Empfehlungen stellen sich aus Sicht der Beschäftigten cdurchwachsen dar. Etliche Anmerkungen beispielsweise zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Mitbestimmung auf Basis neuer Untersuchungen fallen insgesamt positiv aus. So wird mit dem Märchen eines deutschen Alleingangs in Europa aufgeräumt und die Rolle externer Gewerkschafter als hilfreich und förderlich eingestuft. Auch Vorschläge wie der, die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten durch eine gemeinsame Versammlung von Betriebsrats- und Sprecherausschussmitgliedern zu vereinfachen, und der, das Informationsrecht von Aufsichtsräten in GmbH an das in Aktiengesellschaften anzugleichen, kommen den Forderungen der Arbeitnehmerseite entgegen.

Negativ fällt auf, dass die Wissenschaftler zu Fragen wie dem wiederholt geforderten Mindestkatalog zustimmungspflichtiger Geschäfte, der Einbeziehung von Unternehmen mit ausländischer Rechtsform, der Absenkung der Schwellenwerte für die Anwendung der Mitbestimmungsgesetze und last but not least dem Wegfall des Zweitstimmrechts des Aufsichtsratsvorsitzenden in Verfahrensfragen, keine Empfehlungen aussprechen. In der gewerkschaftlichen Interpretation werden die Vorschläge daher trotz zielführender Anmerkungen und Vorschläge für die weitere Debatte in mehrfacher Hinsicht als halbherzig und nicht ausreichend eingestuft. Es daher auch in Zukunft, die positiven Ansätze aufzugreifen und gemeinsam mit den anderen DGB-Gewerkschaften für eine Stärkung der Unternehmensmitbestimmung einzutreten.