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18.05.2024, 07:05 Uhr

Büffeln statt Strand

  • 06.08.2007
  • Allgemein

Da hat sich DIHK-Geschäftsführer Martin Wansleben (Foto) einen schönen Füller fürs Sommerloch einfallen lassen. Die Deutschen sollen doch bitte schön ihren Urlaub verstärkt für die berufliche Weiterbildung nutzen: "Da ist genug Luft für beides: Erholung und Weiterbildung."

War es 2006 die Idee, die Deutschen sollten zu Hause bleiben und sparen, anstatt ihre Ferien in der Ferne zu verbringen, ist nun also die Weiterbildung im Urlaub an der Reihe.

Als "rücksichtslos" bezeichnete Grünen-Chef Reinhard Bütikofer den Geistesblitz des  <link http: www.dihk.de inhalt informationen news meldungen meldung009950.main.html _blank>DIHK, der zeige, "wie unmodern beim DIHK gedacht wird." In die selbe Richtung äußerte sich der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Union, Ralf Brauksiepe: "Es gibt keinen Anlass, auf tarifliche Urlaubsansprüche zu verzichten." Er sprach zugleich einen Aspekt an, der von Industrie- und Arbeitgeberverbänden in diesem Zusammenhang gern ignoriert wird. In den meisten Bundesländern gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub, der aber nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich auch tatsächlich genutzt wird.

Der Referent für Berufsbildung des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Hermann Nehls, kritisierte, Wanslebens Vorschlag gehe an der Realität vorbei: "Der Weiterbildungsbedarf in den Betrieben darf nicht zulasten der Beschäftigten gehen, indem sie ihren verbrieften Tarifurlaub zur Verfügung stellen." Auch der DGB unterstreicht, dass Bildungsurlaub bisher nur von ein bis zwei Prozent der Beschäftigten in Anspruch genommen wird.

Nordrhein-Westfalens DGB-Vorsitzender Guntram Schneider sprach gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung offen aus, worauf dieses Ungleichgewicht zurückgeht. In NRW liegt der Anteil derer, die ihren Bildungsurlaub in Anspruch nehmen, bei nur 1,8 Prozent, "weil viele Betriebe massiven Druck ausüben, dieses Recht nicht in Anspruch zu nehmen", erklärte Schneider.

Zu guter Letzt übersieht Wansleben mit der Begründung seines Appells geflissentlich einen wesentlichen Faktor. Er bemüht einen bereits reichlich strapazierten Vergleich der Urlaubstage in der EU, ohne den Bezug zur Produktivität herzustellen. Während die Deutschen mit rund 40 Urlaubstage nämlich tatsächlich einen Spitzenplatz halten, tun sie dies ebenfalls in der Produktivität - womöglich nicht trotz ihres Urlaubs, sondern wegen?