Siemens Dialog
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18.05.2024, 12:05 Uhr

"Geballte Faust in der Tasche"

  • 20.09.2006
  • Allgemein

Der angesichts der Kostensenkungswelle im Konzern nicht eben diplomatisch platzierte Entschluss, die Vergütungen der Siemens-Vorstände um 30 Prozent anzuheben, sorgt weiter für Unmut an den Standorten. Auch Politiker kritisieren mittlerweile die unsensible Entscheidung.

Nicht nur im <link _blank>Forum des Siemens Dialogs schlägt die Ankündigung der Erhöhung hohe Wellen; auch in den Betrieben brodelt Unmut über den Widerspruch zwischen radikalen Sparkuren auf der einen und großzügigen Gehältern in der Chefetage auf der anderen Seite. Das von Bayerns IG Metall-Chef Werner Neugebauer ausgesprochene Bild vom "Wasser Predigen und Wein Trinken" drückt offenbar die Meinung vieler Beschäftigter aus.

Michael Stahl (Bild oben), Gesamtbetriebsratsvorsitzender der von Ergänzungstarif und Com-Ausgliederung betroffenen Siemens Home and Office Communications Devices GmbH, erklärte am Montag: "Der eine oder andere wird eine geballte Faust in der Tasche gehabt haben, als er die Nachricht hörte." Auch Heinz Cholewa, Erster Bocholter IG Metall-Bevollmächtigter, sprach von einer "Mitnahmementalität", die sich durch "die Forderung nach immer mehr Verzicht - aber nur bei den Beschäftigten" ausdrücke.

Rechtfertigende Leistung "nicht erkennbar"

Klaus Hannemann (links), Betriebsratsvorsitzender im Erlanger Stammhaus, wandte sich am Dienstag mit einem offenen Brief an Siemens-Vorstand und -Aufsichtsrat: Es sei für die Mitarbeiter nicht erkennbar, welche Leistungen diese Einkommenserhöhungen rechtfertigten.

Schelte auch von der Politik

Unterdessen regt sich auch in der Politik deutliche Kritik an der Erhöhung und insbesondere ihrem Zeitpunkt. SPD-Fraktionschef Peter Struck erklärte in der "Bild"-Zeitung, es "instinktlos, wenn die Gehälter des Siemens-Vorstandes um 30 Prozent angehoben werden! Und das in Zeiten, da es vielen Menschen darum geht, das Überleben mit einem Mindestlohn zu sichern." SPD-Generalsekretär Hubertus Heil verlangte von verantwortlichen Managern, "dass sie die von hart arbeitenden Menschen erwirtschafteten Gewinne vor allem in neue Ausbildungs- und Arbeitplätze investieren." und auch in der CDU finden sich Kritiker: Saarlands Ministerpräsident Peter Müller bezeichnete das Anheben von Vorstandsgehältern um zweistellige Prozentsätze als "verwerflich und geschmacklos" und sagte, er könne dies umso weniger nachvollziehen, wenn man auf der anderen Seite Arbeitnehmern immer wieder Opfer abverlange, mit Massenentlassungen drohe oder diese sogar durchführe.