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03.05.2024, 18:05 Uhr

Kritik an Ratingagenturen wird lauter

  • 06.07.2011
  • Allgemein

Die Rolle der drei dominanten US-Ratingagenturen in der Euro-Krise gerät zunehmend in die Kritik. Politiker, Wirtschaftswissenschaftlern und nun offenbar auch Manager beginnen, immer lauter über ein europäisches Gegengewicht nachzudenken - zum Beispiel Siemens-Personalvorstand Brigitte Ederer.

Eigene Urteilsfähigkeit nicht wegnehmen lassen

Auslöser der neuesten Kritik ist die Ankündigung der Agentur Standard & Poor's, die von der Politik angestrebte Beteiligung privater Gläubiger am Rettungsplan für Griechenland mit einem teilweisen Zahlungsausfall gleichzusetzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel enthielt sich am Dienstag in Berlin zwar eines direkten Kommentars, betonte jedoch nachdrücklich, sie vertraue vor allem den Bewertungen durch die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und den Internationalen Währungsfonds: "Es ist wichtig, dass sich die Troika die eigene Urteilsfähigkeit nicht wegnehmen lässt."

Ederer: unterschiedliche Maßstäbe bei Ratingagenturen

Siemens-Personalvorstand Brigitte Ederer spricht in diesem Zusammenhang über eine europäische Ratingagentur als Gegengewicht und kritisiert an der derzeitigen Situation die weltweite Dominanz der amerikanischen Agenturen. Im österreichischen Rundfunk schloss sie sich der Forderung des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann an: "Ich bin seit vielen Jahren der Meinung, dass Europa eine eigene Ratingagentur haben sollte." Sie teilt ebenfalls die Kritik, die Agenturen würden die Kreditwürdigkeit von Ländern nicht wie behauptet nach völlig objektiven Kriterien bewerten: Das österreichische EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny habe "Recht wenn er sagt, zum Beispiel in Südamerika ist mit anderen Maßstäben von den Ratingagenturen vorgegangen worden, wie das jetzt derzeit in Europa der Fall ist."

Wirtschaftsweiser kritisiert politische Tatenlosigkeit

Schützenhilfe kommt unter anderem vom "Wirtschaftsweisen" Peter Bofinger, der die Schlüsselstellung der Ratingagenturen in der Griechenland-Krise kritisiert und die Euro-Länder auffordert, nicht tatenlos zuzusehen: "Das Hauptproblem ist die mangelnde Bereitschaft der Politik zu grundlegenden Lösungen", erklärt er in der "<link http: www.saarbruecker-zeitung.de aufmacher berliner_buero _blank external-link-new-window>undefinedSaarbrücker Zeitung". Die Ratingagenturen ließen sich nach seiner Auffassung durch andere Einrichtungen ersetzen: "Nötig wären dann ein umfassendes eigenständiges Rating der Banken und Versicherungen und eine akribische Überprüfung dieser Ergebnisse durch die staatliche Finanzaufsicht."

Portugal hinter Angola

Die "Ratingclowns" (<link http: www.ftd.de politik konjunktur :kolumne-thomas-fricke-stoppt-die-ratingclowns _blank external-link-new-window ftd>undefinedFinancial Times Deutschland) selbst weisen jegliche Kritik erwartungsgemäß zurück und legen nochmal nach. Moody's Investor Service stufte am Mittwoch Portugal auf das Ramsch-Niveau "BA2 (Non Investmentgrade, speculative)" herunter - also deutlich unterhalb beispielsweise von Angola oder den Philppinen.