Siemens Dialog
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10.05.2024, 00:05 Uhr

Kündigungsverfahren bei 320 ICN-Mitarbeitern eingeleitet

  • 07.01.2003
  • Konzern

Arbeitsvermittlung beE nimmt Arbeit auf

„Gehen Sie davon aus, dass wir die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten haben.“ Mit diesen Worten kommentierte Dr. Matthias Bellmann, Leiter der Personalabteilung von ICN, die 320 betriebsbedingten Kündigungen und die Frage nach eventuellen Kündigungsschutzklagen. Heute wurden die Kündigungsschreiben dem Betriebsrat vorgelegt, der innerhalb einer 7-Tages-Frist dazu angehört werden muss. Weitere Kündigungen (nach Angaben von Siemens ca. 70) entfallen auf Mitarbeiter, die für ICM Networks in der Hofmannstraße beschäftigt sind.

 

Auf einer Pressekonferenz erläuterte die Siemens AG heute den Stellenabbau bei ICN am Standort München Hofmannstraße. Es handele sich um „eine sehr harte Kapazitätsanpassung“, meinte Bellmann, aber dies sei „der einzige Weg, ICN in erfolgreiches Fahrwasser zubringen“. Insgesamt sind von dem noch offenen Abbau ca. 1430 Menschen und ihre Arbeitsplätze betroffen. 330 davon sind Fälle, bei denen Siemens um einzelfallbezogene Auflösungen der Arbeitsverträge bemüht ist, etwa Frauen im Erziehungsurlaub, Schwerbehinderte, kurz: Arbeitnehmer, die unter einem besonderen Kündigungsschutz stehen oder Härtefälle darstellen. Den restlichen 1100 MitarbeiterInnen hat man den Eintritt in die beE beziehungsweise einen Aufhebungsvertrag (mit entsprechender Abfindung) angeboten. Was diese „Kapazitätsanpassung“ Siemens letztlich kosten werde, darüber gab es auf der Pressekonferenz keine Angaben. „Diese Frage müsse man am Ende des Geschäftsjahres noch einmal stellen“. Mit dem Jahresbeginn 2003 startete nun die firmeneigene Qualifizierungs- und Vermittlungseinheit, die sogenannte beE (betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit) ihre Aktivitäten. Von den 1100 MitarbeiterInnen, die man angesprochen hatte, ob sie im Rahmen der beE auch außerhalb von Siemens nach einer neuen Stelle suchen wollten, haben rund 400 das Angebot angenommen, ca. 20 bis 30 MitarbeiterInnen werden in den nächsten Tagen noch dazustoßen. Weitere 250 haben bereits einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet. Es bleiben die für die Personalabteilung „klaren Fälle“, also MitarbeiterInnen ohne besonderen Kündigungsschutz, die keines dieser Angebote angenommen haben und von denen man meint, sie risikolos kündigen zu können sowie gut 100 Beschäftigte, mit denen man noch nach einer einvernehmlichen Lösung sucht.

 

Sitz der beE ist in der Garmischer Straße, von wo aus die Siemens-MitarbeiterInnen an andere Firmen vermittelt werden sollen. 80 Profile mit offenen Stellen könne man bereits anbieten, tagesaktuell sollen Jobs von Partnerfirmen wie BMW, T-Mobile oder dem Europäischen Patentamt im Jobcenter einlaufen. Ausgehend von den Erfahrungen mit New Placement rechnet Siemens mit einer Vermittlungsquote von 50% im ersten halben Jahr.

 

Trotzdem gab es genügend Beschäftigte, für die diese Fifty-fifty-Chance keine Lösung zu sein scheint und die jetzt ihre Kündigung erwarten.

„Wir haben mit jedem Mitarbeiter, dem jetzt gekündigt wird, vorher persönlich gesprochen“, argumentiert ICN. Und Matthias Bellmann meint sogar, nur die MitarbeiterInnen auf die beE angesprochen zu haben, die eine realistische Vermittlungschance auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten. Die IG Metall München sieht die Sache etwas anders. Ihre Beobachtung: Auf den Wechsel in die beE angesprochen wurden fast ausschließlich ältere Mitarbeiter mit langer Firmenzugehörigkeit und dadurch erworbener spezieller Siemens-Qualifikation.

 

(Renate Heilmeier)