Siemens Dialog
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04.05.2024, 04:05 Uhr

"Lohngerechtigkeit" oder "Schweinerei"?

  • 29.09.2008
  • Konzern

Der Rotstift quer durchs Unternehmen ruft nicht nur hierzulande den Unwillen der Siemensianer hervor. Beispiel Schweiz: Willkürlich wirkende Gehaltskürzungen sorgen bei Siemens Building Technologies für Unverständnis und Empörung, was Siemens "Lohngerechtigkeit" nennt, Betroffene hingegen einfach eine "Schweinerei".

SBT in Volketswil.

Wie der Schweizer "<link http: www.tagesanzeiger.ch zuerich oberland siemens-senkt-loehne-um-bis-zu-20-prozent story _blank external-link-new-window>undefinedTagesanzeiger" vergangene Woche berichtete, geht es für rund 20 in der Produktion am Standort Volketswil Beschäftigte um viel Geld: Etwa 15 Prozent weniger sollen sie ab 2009 erhalten, nach Angaben der Gewerkschaft <link http: www.unia.ch _blank external-link-new-window>Unia bedeutet das individuell zehn- bis zwölftausend Franken im Jahr.

Sozialpartner umgangen

Auf Kritik stößt auch das Vorgehen der Arbeitgeberseite. Betroffene schildern, sie seien zu ihren Vorgesetzten bestellt worden, die ihnen ohne viele Umstände die Kürzung als feststehende Tatsache mitteilten. Die Gewerkschaft als Sozialpartner wurde nicht informiert: "Von Änderungskündigungen war bis jetzt keine Rede", erklärt Unia-Sektionsleiter Andreas Scheu. Statt dessen erhielten die MitarbeiterInnen nach der mündlichen Bekanntgabe einen Brief, den sie unterschrieben zurücksenden sollten: "Wer nicht unterschreiben wolle, solle halt kündigen" - nach guter Compliance hört sich das nicht gerade an.

Der "Tagesanzeiger" zitiert eine Betroffene: "Ich kann das noch immer nicht fassen. Ich konnte nicht glauben, was mir mein Chef sagte, und bat ihn, mir das nochmals zu erklären. Ich hatte ihn aber richtig verstanden: Sie wollen mir den Lohn um rund 800 Franken monatlich kürzen. Tag für Tag wird die Angst vor den Konsequenzen dieser Kürzung grösser. Das ist eine Schweinerei. Wir sind doch keine Roboter, die man nach Belieben auspressen kann.

"Intern definiertes Lohnband"

Nachdem die Öffentlichkeit aufmerksam wurde, bequemte sich Siemens zu einer Stellungnahme. Von einer generellen Lohnkürzung will man nichts wissen, bei der Maßnahmen gehe es "Lohngerechtigkeit", so ein Sprecher: "Wir überprüfen die Löhne aller Mitarbeiter periodisch und passen jene, die nicht in einem intern definierten Lohnband sind, nach oben oder unten an." Die Maßnahmen habe man mit der betrieblichen Arbeitnehmernvertretung abgesprochen. Wie das besagte Lohnband aussieht und wer es nach welchen Kriterien fdefiniert, ist nicht näher bekannt. Laut Unia jedenfalls liegen die Löhne der Betroffenen in der branchenüblichen Bandbreite: "Mit der Kürzung werden einige davon deutlich darunter liegen."

Die Gewerkschaft hat nach eigener Darstellung vergeblich versucht, mit Siemens über den Vorgang zu verhandeln. Zu allem Überfluss wurden parallel auch noch in der Produktion beschäftigte Festangestellte entlassen, obwohl es etliche in der Schweiz so genannte "temporär Beschäftigte" im Betrieb gibt. Der Unia-Sprecher: "Warum nicht die Temporären entlassen werden und die Belegschaft umgeschult wird, ist uns ein Rätsel."

Resolution für die Rücknahme

Nach einer Versammlung der Betroffen bei der Gewerkschaft gibt es nun eine Resolution, die Siemens zu bedingungsloser Rücknahme der Lohnkürzungen und der Kündigungen auffordert. Gleichzeitig verlangt sie, dass Siemens künftig die Mitwirkungsbestimmungen der Sozialpartner respektiert; ob beziehungsweise wie die Arbeitnehmerseite darauf reagiert, wird sich herausstellen müssen.