Siemens Dialog
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17.05.2024, 07:05 Uhr

Neue Siemens-Spitze in Österreich

  • 05.07.2005
  • Allgemein

Mit Brigitte Ederer wird erstmals eine Frau Generaldirektorin und Vorstandsvorsitzende der Siemens AG Österreich. Die frühere Politikerin der Sozialdemokratischen Partei (SPÖ) folgt dem bisherigen Chef von Siemens Österreich, Albert Hochleitner, am 13. Dezember 2005 nach.

Die Berufung kam auch für den engeren Kreis um Ederer überraschend. Immerhin wollte Hochleitner, der seit 1994 dieses Amt ausübt, noch um ein Jahr verlängern, um seinen letzten spektakulären Erfolg, die Eingliederung eines der größten ehemaligen Staatsbetriebe - VA-Tech - zu begleiten.

Eigentlich war für den Fall, dass sich Hochleitner zurückziehen werde, erwartet worden, dass Alfred Ötsch das Rennen um diesen Job machen würde. Hochleiter hatte ihn zu Siemens Deutschland geschickt, wo Ötsch Mitglied des Bereichsvorstands Automation and Drives in Nürnberg ist. Ötsch wird zwar wieder nach Österreich zurückkehren und einen Platz im Vorstand einnehmen. Doch dass er überhaupt einen Job unterhalb des österreichischen Vorstandsvorsitzenden annimmt, kommt für viele überraschend. Ederer war jedenfalls die Wunschkandidatin Hochleitners für seine Nachfolge, wie einem ausführlichen Portrait im <link http: www.profil.at articles _blank>Profil zu entnehmen ist. Und Ederer traf auch noch die nötigen privaten Maßnahmen für diesen Karriereschritt und heiratete vor wenigen Wochen ihren Lebensgefährten, den EU-Abgeordneten Hannes Swoboda.

Brigitte Ederer ist 47 Jahre alt, studierte Volkswirtschaft und begann ihre berufliche Karriere in der Arbeiterkammer, einer Organisation, die sehr eng mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) verknüpft ist. Sie war eine der bekanntesten Politikerinnen in den 90er Jahren und als Europa-Staatssekretärin entscheidend an den Verhandlungen Österreichs über den Beitritt zur Europäischen Union beteiligt. Dass sie auch Talent zu populistischen Äußerungen hat, bewies sie dabei mit der Aussage, dass Österreichs Familien durch den Beitritt in die Union um 1.000 Schilling (circa 72 Euro) mehr Einkommen im Monat haben würden. Dieser sogenannte „Ederer-Tausender“ war einer der Slogans bei der Abstimmung über den Beitritt in die EU. Noch heute wird sie mit diesem (nicht gehaltenen) Versprechen in Verbindung gebracht.

2001 trat sie zur Überraschung vieler in den Siemens Vorstand ein und leitet seither die Bereiche Medizintechnik und Telematik. Sie gilt trotzdem noch immer als Personalreserve für hohe politische Ämter. Leute, die mit ihr persönlich zu tun haben, beschreiben sie als eloquente, aber harte Verhandlerin, die sich wohltuend von Hochleitners eher patriarchalischem Stil abhebt. Sie gilt nicht nur auf Grund ihrer Erfahrungen in der Politik als gute Netzwerkerin, sondern steht auch im Ruf, fachlich kompetent zu sein. In Gewerkschaftskreisen heißt es, dass sie sich ihrer Wurzeln noch immer bewusst ist und ein sehr gutes Verhältnis zu den Betriebsräten habe. So soll sie auch bei der Übernahme der VA-Tech die (Siemens-) Betriebsräte immer auf dem Laufenden gehalten haben.

Doch gerade die VA-Tech Übernahme wird eine ihrer ersten Prüfungen werden. Voraussichtlich am 13.7. wird die Europäische Kommission diese Eingliederung mit Auflagen bewilligen. Es gibt Befürchtungen, dass dadurch viele Jobs gefährdet sind. Ob dann Ederers Verhältnis zu den Betriebsräten weiterhin harmonisch bleibt, wird sich zeigen.