Siemens Dialog
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05.05.2024, 13:05 Uhr

Rekordentschädigung in China

  • 30.07.2008
  • Allgemein

Bis China in Sachen Arbeitsstandards auch nur annähernd europäisches beziehungsweise deutsches Niveau erreicht, ist es bekanntermaßen zur Genugtuung vieler Unternehmen noch ein sehr weiter Weg. Beschritten aber wird er, wie vereinzelte Nachrichten zeigen: Siemens zahlte einem Gekündigten eine bislang für dortige Verhältnisse fast unvorstellbare Abfindung.

Wie die chinesische Zeitung "Laodong Daily" Mitte Juli berichtete, erhielt der Mitarbeiter namens Xie die Rekordsumme von 1,35 Millionen Yuan (125.500 Euro), nachdem die Zeitung selbst seiner offenbar ungerechtfertigte Entlassung nachgangen war und sie publik gemacht hatte.

Xie hatte Siemens seit 1995 angehört. Nach einem Posten in der Vertriebsabteilung bei Siemens Mobilphone in Shanghai wechselte er im Oktober 2003 zur Zentrale der chinesischen Landesgesellschaft, von wo aus er wenig später General Manager für die Provinz Anhui wurde. Dort blieb er bis Juli 2007 und kam anschließend zurück nach Shanghai, um am Vertrieb des Expo-Projekts mitzuarbeiten.

Was dann genau geschah, wissen wohl nur die Beteiligten - der Ausgang der Geschichte jedoch lässt darauf schließen, dass die Schuld vor allem bei Siemens zu suchen war. Ende Januar 2008 fand Xie plötzlich seinen Arbeitsplatz im Büro nicht mehr vor und musste in einem Sitzungsraum arbeiten. Am 25. März bekam er eine schriftliche Mitteilung über einen einseitig festgelegten Wechsel seines Arbeitsplatzes, verbunden mit einer Reduktion seines Einkommens um die Hälfte. Am 18. April schließlich erhielt er eine Kündigung und musste seinen Firmenausweis abgeben.

Nach erfolglosen Versuchen, die Angelegenheit selbst mit Siemens zu klären, wendete sich Xie an die Wochenzeitschrift von 'Laodong Daily' und bat dort um Hilfe. Anschließend klagte er beim Schiedsgericht für Arbeitskonflikte im Bezirk Pudong auf Wiederaufnahme seines Arbeitsverhältnisses mit Siemens; außerdem forderte er die Nachzahlung seiner Bezüge während der Kündigungszeit.

Recherchen von Laodong Daily in der Angelegenheit stießen bei Siemens auf beharrliches Schweigen, woraufhin sie am 21. Juni einen Artikel mit dem Titel "Was ist der Grund zur Kündigung von Herrn Xie durch Siemens?" veröffentlichte. Der kritische Beitrag erzeugte im Vorfeld der Verhandlung vor dem Schiedsgericht große Resonanz in der Öffentlichkeit.

Vor diesem am ehesten einem deutschen Arbeitsgericht vergleichbaren Gericht bestand Siemens der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, während Xie eine Entschädigung in der nach landesüblichen Maßstäben gewaltigen Höhe von drei Millionen Yuan verlangte. Die Vermittlung des Schiedsgerichts führte schließlich zu der Summe von 1,35 Milionen - ein Vielfaches des Jahreslohns der meisten Chinesen.