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29.04.2024, 09:04 Uhr

Selbe Arbeit, weniger Personal

  • 30.09.2002
  • Konzern

Überstunden, Fremdvergabe, 40 Stunden-Wochen - mangelt es bei ICN wirklich an Arbeit?

Selbe Arbeit, weniger Personal

Die Frage kann eigentlich nur rhetorisch sein: „HiPath ComResponse und CorporateConnect“ (26.09.), „Marktführende Position bei optischen Netzen“ (25.09.), „Weiterer Telekom-Auftrag zum DSL-Ausbau“ (12.09.), „Zugangstechnik für HanseNet“ (10.09.), „Neue Aufträge für optische Netze in China“ (09.09.), die Liste der ICN-Verlautbarungen lässt sich beliebig fortsetzen - und irgendjemand muss diese Aufträge und Entwicklungen doch erarbeiten.

 

Es häufen sich Stimmen aus der Belegschaft, die das Argument, man habe einfach nicht mehr genügend Arbeit, ad absurdum führen. Davon ist in der Praxis nichts zu spüren, tatsächlich soll künftig die selbe Arbeit von reduzierten Teams erledigt werden. Entsprechende Berichte gibt es genügend, auch wenn man angesichts des in der Hofmannstraße umgehenden Entlassungsgespenstes aus begreiflichen Gründen keine Namen nennen kann. Ein Mitarbeiter aus dem Bereich Wireless Networks spricht von einer Reduktion seiner Abteilung seit Juni um fast ein Drittel, aber: „die Arbeit ist die gleiche geblieben. Für diese Arbeitssituation gibt es keine Strategien, die ursprünglich abgeschätzten Aufwände wurden halt ein bisschen runtergedreht, die Termine etwas verschoben. Das Spielen mit Zahlen scheint derzeit die einzige Beschäftigung des Unternehmens zu sein. [...] Damit werden mit Sicherheit keine Gewinne gemacht und es wird auch mit Sicherheit nichts verkauft - und leider werden damit auch keine Arbeitsplätze gesichert. [...] Ich möchte nur deutlich machen, dass der Abbau nicht mit mangelnder Arbeit begründet werden sollte. Unsere Abteilung ist da mit Sicherheit kein Sonder- oder Einzelfall."

 

BR-Vorsitzender Heribert Fieber nennt das Kind beim Namen. Eines der Ziele des Managements heißt seiner Einschätzung nach „Steigerung von Umsatz pro MitarbeiterIn, also Rationalisierung“, außerdem wolle man ein „neues Arbeitnehmerbewusstsein (Hilflosigkeit, Gefühl des Ausgeliefertseins, neue Brutalität)“ schaffen. Gleichzeitig würde in einem Aufwasch den Tarifvertrag durch die angestrebten Beschäftigungs- und Auffanggesellschaften unterlaufen, öffentliche Kassen anzapfen und via Auffanggesellschaft „ein Bein in den rasant wachsenden Arbeitskräfte-Vermittlermarkt bekommen“.

 

Ein Aspekt der Frage nach der tatsächlich vorhandenen Arbeit ist die nach wie vor nicht befriedigend offengelegte Sachlage bei Werkverträgen über extern vergebene Dienstleistungen. Der stellvertretende BR-Vorsitzende Leo Mayer nimmt an, dass Detailinformationen über die Fremdvergabe von Entwicklungsaufgaben - Dienststelle, Art der Tätigkeit, Auftragnehmer, fremdvergebene Mannjahre, Qualität der gelieferten Produkte usw. - bei den Verhandlungen mit dem Management eine wichtige Rolle zugunsten der Arbeitnehmerseite spielen könnten, aber: „ICN hat bisher keinen Überblick über den Umfang und den Inhalt.“ Es bleibt die Frage, wie viel Mühe man sich wirklich gibt, um eben diesen Überblick zu schaffen.

 

(hr)