Siemens Dialog
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05.05.2024, 04:05 Uhr

Wende in die richtige Richtung

  • 02.11.2011
  • Allgemein

Zu Wochenbeginn wurde bekannt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und damit die mehr oder weniger gesamte CDU nach langer Blockade jetzt feste Mindestlöhne anstreben. Obwohl der Sinneswandel ohnehin noch zu kurz greift, sorgt er für heftige Abwehrreaktionen im Arbeitgeberlager.

"Marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze" ...

Die CDU wolle keinen bundesweiten und gesetzlichen Mindestlohn, sondern eine "durch die Tarifpartner bestimmte und damit marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze", lautet eine Empfehlung der Antragskommission für den kommenden CDU-Parteitag. Sie soll sich am Tarifniveau der Leiharbeit orientieren, das mit derzeit 6,89 (Ost) beziehungsweise 7,79 Euro (West) deutlich unter der den Vorstellungen der Gewerkschaften liegt.

... als Diskussionsgrundlage

Die IG Metall begrüßt die Nachricht dennoch als Schritt in die richtige Richtung: "Es ist gut, dass die CDU erkannt hat, dass mehr Ordnung auf dem Arbeitsmarkt hergestellt werden muss", erklärte der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel. Diese grundsätzliche Wende öffnet die Tür für Diskussionen über die nötigen Kritierien, von denen es wohl noch viele geben wird. Die IG Metall sieht beispielsweise wie der DGB als absolute Untergrenze im Sinne angemessener Bezahlung 8,50 Euro, wie der Gewerkschaftstag im Oktober eindeutig beschlossen. Die von der CDU anvisierte Orientierung an den Niedriglöhnen der Leiharbeit lehnt die IG Metall ab und fordert statt dessen, auch hier endlich die überfälligen Verbesserungen anzupacken.

Positiv beurteilt die IG Metall den Ansatz, Tarifverträgen Vorrang einzuräumen, so dass ein allgemeiner Mindestlohn nicht am Ende tariflich definierte höhere Mindestlöhne aushebelt. Skeptisch sieht sie hingegen das Aushandeln der Untergrenzen durch Kommissionen aus Arbeitgebern und -nehmern. Im Gegensatz zu einer eindeutigen gesetzlichen Regelung könnten die Arbeitgeber hier vernünftige Lösungen jederzeit torpedieren - was angesichts der heftigen Reaktionen in ihrem Lager durchaus nicht unwahrscheinlich wirkt.

Heftige Abwehr der Arbeitgeber

Der FDP-Fraktionsvorsitzende und bekennende Neoliberale Rainer Brüderle bekräftigte die fest zementierte Ablehnung jeder Mindestlohndebatte durch die FDP lautstark und verwies auf einen entsprechenden Passus im schwarz-gelben Koalitionsvertrag. Rückenwind bekam er aus dem Wirtschaftsflügel der Union; dort war man sich nicht zu schade, das schon etwas angegraute Schreckgespenst von Betriebsschließungen und Arbeitsplatzverlust als Konsequenz eines Mindestlohns zu bemühen.

Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt wiederholte sofort seine kompromisslose Ablehnung eines allgemeinen Mindestlohnes und orakelte finster, dieser würde Niedrigqualifizierte "von der Teilnahme am Arbeitsleben ausschließen". Dabei bezog er in seine Argumentation auch die skandalöse indirekte Subventionierung von Hungerlöhnen bei sogenannten Aufstockern ein: Die Sicherung eines Mindesteinkommens mit "ergänzenden Hilfen" sei für den Staat günstiger als die Finanzierung von Langzeitarbeitslosigkeit.