Siemens Dialog
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08.05.2024, 01:05 Uhr

Wetten ist keine Wertschöpfung

  • 11.05.2010
  • Allgemein

Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser ist neben etlichen anderen Aufgaben auch Vorstandsmitglied des Deutsches Aktieninstitutes. In dieser Funktion äußert er sich in einem Interview zu seinen Ansichten über Veränderungen im Verhältnis von Finanz- und Realwirtschaft, über die Märkte der Zukunft und die Bedeutung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen in Krisenzeiten.

Joe Kaeser.

Das <link http: www.dai.de internet dai dai-2-0.nsf dai_wir_ueber_uns.htm _blank external-link-new-window>Deutsche Aktieninstitut e. V. (DAI), bis 2003 schlicht "Finanzplatz e. V.", zählt zu seinen Mitgliedern fast alles, was in der deutschen Wirtschaft Rang und Namen hat; neben Siemens ist die DAX-Riege bis auf wenige Ausnahmen vertreten. Selbst gestellte Aufgabe des Institutes: die internationale Position Deutschlands als Finanzdienstleistungsstandort zu stärken, zur Weiterentwicklung der kapitalmarktpolitischen Rahmenbedingungen beizutragen und die Unternehmensfinanzierung in Deutschland zu verbessern.

"Handeln im Dienste der Sache"

Das und die Überschrift "Handeln im Dienste der Sache" deutet bereits an, dass Kaesers Äußerungen wenig kontroverses erwarten lassen. Die Eliten in Politik und Wirtschaft seien ihrer Vorbildrolle in der Krise großteils gerecht geworden, findet Kaeser denn auch im Gegensatz zu manch anderem: "Die Bundesregierung und die Notenbanken haben in dieser Hinsicht bislang vorbildlich agiert. Auch die Unternehmen setzen Signale, indem sie das Thema Nachhaltigkeit viel stärker in den Mittelpunkt ihres Handelns gerückt und sich auf ihre Stärken konzentriert haben."

"Gier nach hohen Anlagegewinnen"

Was das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung betrifft (<link http: www.bmj.bund.de files e8aa4d05a6fac0d627ce16c508f12a4d gesetz_vorstandsverguetung_vorstag.pdf _blank external-link-new-window>undefinedVorstAG), sieht Kaeser eine deutliche Erhöhung der Transparenz - "das ist sehr gut und wird auch von vielen Akteuren am Kapitalmarkt so beurteilt". Siemens selbst habe bei der Umsetzung eine Vorreiterrolle gespielt, dennoch erwartet der Finanzvorstand, der Aufsichtsrat werde "in diesem Jahr sicher noch die ein oder andere Justierung vornehmen". Üppige Bonuszahlungen für Manager stehen nach seiner Ansicht bisweilen "zu sehr im Fokus der Suche" nach den Krisenursachen, aber klar ist: "Die Gier der Menschen nach hohen Anlagegewinnen und eine lückenhafte Regulierung haben ebenfalls dafür gesorgt, dass sich die finanziellen Instrumente von der Realwirtschaft entfernen konnten." Bei Manager-Bezügen sei in diesem Zusammenhang bisweilen "Maß und Mitte abhanden gekommen", weil sie sich letztlich "an der Leistung orientieren und Nachhaltigkeit fördern" müssten - eine Maxime, an der sich nach seinem Empfinden die Vorstandsvergütung bei Siemens orientiert.

Wetten erzeugen keine Werte

Bemerkenswert sind Kaesers Ausführungen zum Zusammenwirken von Finanz- und Realwirtschaft. Die Krise habe eines deutlich gemacht, stellt er so banal wie zutreffend fest: "Wenn zwei Vertragspartner isoliert auf den Eintritt bestimmter Ereignisse wetten, erfolgt nicht automatisch eine Wertschöpfung." Die Finanzwirtschaft habe der Realwirtschaft als Finanzierungsquelle und Kapitalvermittler zu dienen; damit das Finanzsystem nicht noch einmal auf Kosten des Steuerzahlers gerettet werden muss, muss auch aus seiner Sicht der Staat Rahmenbedingungen für ein stabiles System schaffen. Bei der Regulierung solle man aber bitte die Marktbedürfnisse berücksichtigen: "Eine zu starke Regulierung könnte letztlich zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit gehen."

Auf die Frage nach den Märkten der Zukunft bricht Kaeser erwartungsgemäß, BRIC- und SMART-Strategie lassen grüßen, eine Lanze für die Expansion in den Schwellenländern. Sie, "allen voran China, Indien und Brasilien", seien eindeutig die "Wachstumsmärkte der Zukunft", in denen Siemens im Jahr 2009 bereits ein Drittel seiner neuen Aufträge gewonnen habe. Auch der relativ junge Schwerpunkt des "grünen" Umweltportfolios darf nicht unerwähnt bleiben: "Wir wollen auch künftig an unseren hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung festhalten - insbesondere bei grünen und energieeffizienten Technologien."

Dividenden für die Beschäftigungssicherung?

Abschließend fällt schließlich auch noch der Begriff "Arbeitsplätze", freilich mit dem Ziel, Dividendenausschüttungen zu rechtfertigen. Die Befürchtung, großzügige Ausschüttungen an die Aktionäre gefährdeten die Eigenkapitalstärkung und Arbeitsplatzsicherung, teilt Kaeser, wen wundert's, nicht: "Eine nachhaltige Ausschüttungspolitik ist das sichtbare Zeichen für eine anhaltende Rentabilität eines Unternehmens. Dies trägt dazu bei, dass dem Unternehmen zur Finanzierung eines profitablen Wachstums auch jederzeit die Kapitalmärkte offenstehen. Darüber hinaus sind Arbeitsplätze langfristig immer dort am sichersten, wo ein Unternehmen einen Mehrwert schafft und profitabel wirtschaftet."