Siemens Dialog
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20.05.2024, 19:05 Uhr

Abschluss ohne Konsens

  • 23.08.2006
  • Operativ

Vor einer Woche endeten die Verhandlungen zu Interessenausgleich und Sozialplan bei Dematic mit einer erzwungenen Lösung und ohne wirkliche Einigung. Der Gesamtbetriebsrat zieht in einer aktuellen Information für die Beschäftigten Bilanz.

Mit dem Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan endet ein Konflikt, der vor sechs Monaten mit der Bekanntgabe geplanten Stellenabbaus durch die Geschäftsleitung begann. Zwischenzeitlich erfolgte obendrein der Verkauf des ausgegliederten Unternehmens an einen Investor, den die Beschäftigten trotz gegenteiliger Versicherungen Klaus Kleinfelds im Oktober 2005 (siehe Dematic nicht zu verkaufen) schon lange befürchtet hatten.

Ein tragfähiger Konsens zwischen Belegschaftsvertretern und Geschäftsleitung scheiterte unter anderem an deren Forderung nach einer Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden, Stellenabbau und Schließungsdrohungen. Der Betriebsrat lehnte dies ab und machte statt dessen mit Hilfe externer Berater Alternativvorschläge, die ihrerseits beim Management auf Zurückweisung stießen. Ende Juni einigte man sich auf die Eckpunkte eines Sozialplans, der unter anderem die Einrichtung einer Transfergesellschaft ab Oktober 2006 und Qualifizierungsangebote festlegte. Später konnten noch einige weitere Verbesserungen erreicht werden, zum Beispiel ein Nachteilsausgleich bei Standortwechsel.

Nachdem weitere Verhandlungen keine wesentlichen Fortschritte gebracht hatten, verkündete die Geschäftsleitung schließlich Ende Juli ihre "unternehmerische Entscheidung" (die als solche nicht der Mitbestimmung unterliegt), das Personal auf 695 Stellen zu reduzieren. Gleichzeitig drohte man mit dem Scheitern der Verhandlungen und stellte so auch bereits vereinbarte Punkte des Sozialplans erneut in Frage. Die Beschäftigtenvertreter mussten sich dem Druck beugen und unterschrieben letztlich ohne Konsens und gezwungenermaßen Interessenausgleich und Sozialplan; auch Gespräche nach Namenslisten können nun stattfinden.

Den davon betroffenen Kolleginnen und Kollegen empfehlen die Betriebsräte in einer aktuellen Information eindringlich, keine übereilten Entscheidungen zu treffen. Für die Gespräche bestehen Fristen, die es ermöglichen, sämtliche Aspekte zu durchdenken. Diese Möglichkeit sollte genutzt werden, wobei Beratungen mit dem örtlichen Betriebsrat und der IG Metall, aber natürlich auch mit Familie, Steuerberater usw. eine Rolle spielen. Außerdem steht es jedem Mitarbeiter frei, zu den Gesprächen mit seiner Führungskraft oder Personalabteilung einen Betriebsrat seines Vertrauens hinzuziehen.

Die Geschäftsführung hat, so das Fazit der Arbeitnehmerseite, mit ihrem Vorgehen die Macht des Kapitals demonstriert. Aus Sicht der Beschäftigten stellten die Verhandlungen vor diesem Hintergrund eine Art Schadensbegrenzung dar, denn: Der beste Sozialplan ersetzt keinen Arbeitsplatz.