Siemens Dialog
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28.03.2024, 19:03 Uhr

Anschubhilfe in China

  • 05.05.2015
  • Allgemein

China spielt für Siemens seit langem eine zentrale Rolle, seine Schlüsselfunktion ist längst nicht mehr auf einfachere Produktion und Absatz beschränkt. Der Gesamtbetriebsrat und die IG Metall tragen dieser Tatsache nicht nur durch intensive Beobachtung Rechnung, sondern auch durch zunehmenden Kontakt zu chinesischen KollegInnen. Eines der Ziele: die Stärkung chinesischer Arbeitnehmerstrukturen.

Input aus deutschen Erfahrungen.

Lebhafte Diskussionen im Rollenspiel.

Warnstreik - auch in China gutes Recht!

Einstimmig für eine SCC-Satzung.

Deutsche Arbeitnehmerstrukturen gelten bekanntlich nicht nur bei Siemens international als in vieler Hinsicht richtungsweisend. So unterschiedlich die Rahmenbedingungen in China sind, so groß ist dennoch auch dort das Interesse daran, wie das deutsche System aus Tarif, Mitbestimmung und Interessenvertretung eigentlich funktioniert und sich gegebenenfalls an die eigenen Anforderungen anpassen lässt.

Vor diesem Hintergrund haben Friedrich Ebert-Stiftung, IG Metall und Siemens' Europabetriebsrat (Siemens Europe Committee / SEC) vom 19. bis zum 23. April in Peking einen gemeinsamen Workshop für mit Siemens befasste chinesische ArbeitnehmervertreterInnen organisiert. Neben einem grundsätzlichen Austausch wurden dabei chinesische GewerkschafterInnen darin geschult, erfolgreiche Tarifverhandlungen vorzubereiten und durchzuführen. Außerdem standen Treffen mit chinesischen Managern und HR-Vertretern auf dem Programm.

Reinhard Hahn, Unternehmensbeauftragter der IG Metall für Siemens, unterstrich eingangs die Bedeutung internationaler Vernetzung, um in der globalisierten Welt dem Kapital entgegentreten zu können und zu verhindern, dass Standorte im Wettbewerb gegeneinander ausgespielt werden. Christoph Pohlmann, Leiter der <link http: www.fes-china.org _blank>Friedrich Ebert-Stiftung in Peking, begrüßte in diesem Zusammenhang die Bereitschaft der IG Metall und der chinesischen Gewerkschaftsvorsitzenden, im Interesse der Siemens-Beschäftigten beider Länder zu kooperieren.

Workshop Tarifverhandlung

Wolfgang Müller, ehemaliger Leiter des IG Metall-Siemens Teams und ausgewiesener China-Experte, stellte die grundsätzlichen Parallelen zwischen deutscher und chinesischer Arbeitnehmervertreter heraus: Beide setzen sich für eine Zusammenarbeit mit dem Management auf gleicher Augenhöhe ein, bei der den Beschäftigten ein fairer Anteil am Geschäftserfolg ebenso gewährt wird wie die Wahrung ihrer Interessen und Belange.

Im Workshop selbst wurde schnell deutlich, dass aufgrund lokaler und regionaler Unterschiede in China und der Tendenz lokaler Manager, die Verantwortung auf die Landesgesellschaft abzuwälzen, eine nationale Strategie von entscheidender Bedeutung ist. Den Kern des Workshops bildete ein umfangreiches Rollenspiel, das den TeilnehmerInnen die Möglichkeit gab, Tarifverhandlungen wechselseitig aus der Perspektive von Beschäftigten, Gewerkschaftern und Managern nachzuempfinden. Dabei wurde der gesamte Prozess von der Forderungsdiskussion über die eigentlichen Verhandlungen bis zum Abschluss und seiner Umsetzung abgebildet. Einschübe stellten das deutsche Tarifsystem dar und boten Gelegenheit zu Fragen und weiterem Austausch.

Austausch chinesischer und deutscher Gewerkschafter

Als weiterer Programmpunkt stellte der SEC-Vorsitzende Harald Kern das deutsche Modell der Mitbestimmung und die Struktur der Interessenvertretung bei Siemens dar. Die jüngere Vergangenheit skizzierte er entlang des Arbeitnehmeransatzes Siemens 2020 und die Notwendigkeit, das Unternehmen in Richtung auf nachhaltige Entwicklung mit Blick sowohl auf die Kunden, als auch auf die Beschäftigten auszurichten.

Eine anschließende Diskussion zeigte, dass in China aus Arbeitnehmersicht ähnliche Themen im Fokus stehen wie in Deutschland - die Zukunft von Healthcare beispielsweise bereitet entgegen anderslautender Aussagen des Managements durchaus auch den Beschäftigten in Asien Sorgen.

Treffen mit dem Management

Anschließend bereiteten die chinesischen Gewerkschaftsvorsitzenden ihr Treffen mit Management-Vertreter von <link http: www.siemens.com answers cn en _blank>Siemens China Limited vor. Da der deutsche Gesamtbetriebsrat zwar Untersützung leisten, aber letztlich nicht nationale Probleme lösen kann, wollen sie in mehreren Schritten eine vergleichbare Institution bilden, um Siemens auf landesweiter Ebene begegnen zu können.

Das Treffen wurde entsprechend genutzt, um unter anderem ein zentrales Thema anzusprechen: ein Siemens China Committee als nationale Interessenvertretung. Den Firmenvertretern wurde deutlich gemacht, dass ein nationales Siemens China Committee als zentrales Forum viele verbreitete Einzelprobleme lösen könnte. Kern unterstrich in diesem Zusammenhang die deutsche und europäische Erfahrung, dass derartige Strukturen letztlich für beide Seiten einen Vorteil bilden.

Ma Qing, HR-Verantwortlicher für North East Asia and Executive Vice President SLC, konnte aufgrund anderer Termine nicht selbst Stellungnehmen; sein Vertreter Wang He erklärte jedoch die Bereitschaft zu einer Ausweitung der Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern. Auch für das Ziel einer national zuständigen Interessenvertretung signalisierte er grundsätzliche Zustimmung. Auf dieser Basis folgte eine Diskussion über Details wie Zusammensetzung und Sitzungsplanung eines solchen Gremiums. Beide Seiten stimmten überein, dass Vertrauensbildung in den Arbeitsbeziehungen zu einer Win-Win-Situation beitragen; abschließend räumten die Management-Vertreter ein, dass eine zentrale Interessenvertretung auch aus ihrer Sicht hilfreich sein könnte, etwa bei der Umsetzung landesweiter Regelungen an allen Standorten.

Harald Kern beendete das Treffen mit einem Appell an die Gewerkschaftsvorsitzenden, ohne Unterbrechung die konkrete Umsetzung der Pläne und Absichten anzupacken. Abschließend wünschte er beiden Seiten Glück beim weiteren Vorgehen und erinnerte daran, dass unterschiedliche Interessen nicht unbedingt nur Probleme erzeugen können, sondern auch Abwechslung und Kreativität.