Siemens Dialog
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29.04.2024, 13:04 Uhr

Ausgegliedert, verkauft - geschlossen?

  • 12.02.2007
  • Konzern

Das Muster klingt leider allmählich vertraut: Das ehemalige Siemens-Leiterplattenwerk in Karlsruhe wurde erst ausgegliedert, 2004 dann an den Auftragsfertiger Sanmina-SCI verkauft. Siemens blieb Hauptkunde - nun wurde die geplante Schließung des Werks wegen Auslastungsproblemen verkündet.

Man denkt unwillkürlich an Erfahrungen à la FEAG: Siemens gliederte ein Werk aus, spielte aber als wichtigster Abnehmer für seine Produkte weiter eine entscheidende Rolle für seine wirtschaftliche Existenz. 60 bis 70 Prozent der Produktion nahm Siemens nach Aussage der Sanmina-Geschäftsleitung noch bis vor Kurzem ab, nun sinkt das Volumen wegen zunehmender Einkäufe in Asien auf 30 bis 40 Prozent. Rund 270 ehemalige Siemens-Beschäftigte sehen dadurch mit einem Mal ihre Arbeitsplätze gefährdet. Sie wurden trotz der bereits bekannten Auslastungsschwierigkeiten von den am fünften Februar bekannt gegebenen Schließungsplänen völlig überrascht.

"Kalt vors Gesicht gestoßen"

Mit schmerzhaften Einbußen beim Einkommen hatten sie in den vergangenen beiden Jahren Umstrukturierungsmaßnahmen mitfinanziert - "nun werden sie kalt vors Gesicht gestoßen", wie es der erste Karlsruher IG Metall-Bevollmächtigte Angel Stürmlinger ausdrückt. Über mögliche Schließungspläne sei zwar schon seit Monaten diskutiert worden, aber erst jetzt habe man die Beschäftigten und den Betriebsrat über eine schon für März geplante Schließung informiert. Stürmlinger bezeichnet diese Überrumpelung als "ungeheuerliches und unrechtmäßiges Vorgehen", das Betriebsrat und IG Metall nicht ohne weiteres hinnehmen wollen. Für den Dienstag den 13. ist bereits ein Demonstrationszug zur Betriebsversammlung geplant; er stellt ein erstes Zeichen für die Absicht dar, Widerstand gegen die Schließung zu leisten.

<link http: www.sanmina-sci.com _blank>Sanmina-SCI gibt rückläufige Umsätze als Grund für die Schließungspläne an und erklärt, der Jahresumsatz des Karlsruher Werks habe 2006 bei 28 Millionen Euro gelegen, für 2007 habe man nur 22 Millionen geplant, die sich aber nach den Januarzahlen nicht erreichen ließen." Der gesamte Konzern, der von seiner Zentrale im kalifornischen San Jose aus weltweit operiert, weist in seinen <link http: www.shareholder.com sanm _blank>Investor Relations  allerdings für das erste Geschäftsquartal 2007 einen Nettogewinn von 28,1 Millionen Dollar ausgewiesen; im Vorjahreszeitraum waren es nur 17,4 Millionen gewesen.

Siemens in der Pflicht

Die IG Metall Karlsruhe und der Betriebsrat wollen den Schließungsplänen mit externer Unterstützung ein Restrukturierungskonzept als Alternative entgegensetzen und sehen in diesem Zusammenhang auch bei Siemens als ehemaligem Besitzer und Hauptkunden eine Verantwortung, so Stürmlinger: "Die Beschäftigten haben zuvor zum Teil mehr als 20 Jahre bei Siemens gearbeitet. Nun sollen sie plötzlich vor dem Nichts stehen."