Siemens Dialog
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20.05.2024, 23:05 Uhr

Dematic verkauft - und die Belegschaft?

  • 22.06.2006
  • Operativ

Verhandlungen zwischen Firmenvertretern und dem Gesamtbetriebsrat stehen bevor. Noch gibt es weder Zahlen über den geplanten Personalabbau noch hat der GBR den Abbau als solchen bereits akzeptiert.

Vom Verkauf der Dematic wurden nicht nur die Beschäftigten überrascht, auch die Betriebsräte sind bisher nicht detaillierter über den Käufer Triton GmbH und seine Ziele informiert worden. Am 21.6. soll eine erste Vorstellung im Wirtschaftsausschuss erfolgen. Ein bisschen spät. Zumal Triton ist ein sehr "öffentlichskeitsscheuer" Investor zu sein scheint, über den selbst im Internet kaum etwas und noch weniger Offizielles zu erfahren ist. Fest steht für den Gesamtbetriebsrat, dass er über einen endgültigen Interessenausgleich und den endgültigen Sozialplan erst nach Vorstellung aller Informationen, auch über den Investor, verhandeln kann. Jetzt geht es darum, Alternativen zu erörtern. Für das Werk Offenbach könnte Kurzarbeit möglicherweise eine solche Lösung sein. Wichtig ist dem Dematic-GBR, dass die bevorstehenden Gespräche keinesfalls eine Einverständniserklärung zu Personalabbau-Maßnahmen darstellen. Und wichtig ist jetzt auch, dass möglichst viele Beschäftigte hinter den Betriebsräten stehen, um die Forderungen für die MitarbeiterInnen zu unterstützen.

Private-Equity Strategien

Die Strategie Tritons im Falle des aktuellen Verkaufs der Dematic scheint sich zumindest von anderen Fällen zu unterscheiden, in denen Finanzinvestoren ausgegliederte Siemens-Betriebe aufkauften (Beispiel: die KKR - sie kaufte von Siemens u. a. die Demag). Die Geschäftspraktiken der KKR schildert ein Artikel im <link http: www.freitag.de _blank>freitag: Gekauft werden nicht börsennotierte, bereits profitable Unternehmen, die sodann von allen „unnötigen Kosten“ befreit, also radikal restrukturiert werden. Häufig bleiben die bisherigen Geschäftsführer auf ihren Posten, werden nicht selten auch Kapitaleigener und mit Erfolgsprämien geködert vollziehen sie die Maßnahmen zur Kostensenkung. Etwa 3 bis 5 Jahre später wird das Unternehmen wieder verkauft und der Gewinn eingestrichen. Und auch schon während des „Verwertungszyklus“ wie es im Fachjargon heißt, wird ein möglichst hoher Gewinn direkt abgeschöpft.

Zu hoffen bleibt, dass Triton eine etwas andere Strategie fährt. Bei Dematic soll zum Beispiel der Profit nicht durch das Verkaufen des zerschlagenen Unternehmens in Teilen realisiert werden, sondern durch den Verkauf des "sanierten" und auch durch Zukäufe und Investitionen modernisierten Unternehmens. Zu besseren Einschätzung der Lage haben die Betriebsräte bereits Kontakt zu Gewerkschaftern in anderen Unternehmen aufgenommen, die von Triton gekauft wurden, die entsprechenden IG Metall-Verwaltungsstellen unterstützen die Vernetzung der Betriebsräte.

Noch stehen weder Abbau noch Abbauzahlen fest

Die Gewerkschafter und Betriebsräte stellen sich jedenfalls auf spannende Auseinandersetzungen ein. Die Verhandlungen über den von der Geschäftsleitung beabsichtigten Personalabbau stehen noch bevor. Noch vor Beginn der Verhandlungen gab es diverse Meldungen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Financial Times Deutschland und anderen Zeitungen, in denen konkret von Mitarbeiter-Zahlen gesprochen wird, die bisher allenfalls in den Planspielen der Führungsetage existieren. Das erleichtert die schwierige Aufgabe der Verhandlungen nicht. Auch die IG Metall in Offenbach bestätigt, dass es sich bei den in der Presse genannten Zahlen lediglich um die Zielzahlen der Geschäftsleitung nach dem Abbau handle. Aktuell arbeiten weltweit über 4200 Beschäftigte bei Dematic, davon mehr als 1000 in Deutschland.

Kostensenkung und schwarze Null

Das Management von Dematic, das übrigens unter dem neuen Eigentümer übernommen wird, beurteilt die Lage positiv und führt als ein Argument an, dass Triton bereits andere Firmen aus der Logistikbranche erfolgreich übernommen hat. Dennoch werden Schlagworte wie „Kostensenkung“ und die schwarze Null als Ziel zum Ende des laufenden Geschäftsjahres als „entscheidender Zwischenschritt auf dem Weg zu einem profitablen Unternehmen“ genannt.

Über erste Verhandlungsergebnisse wollen die Betriebsräte die Belegschaft an den Standorten in den nächsten Tagen informieren. Die IGM-Vertrauensleute haben es sich derweil zur Aufgabe gemacht, durch aktive Mitgliederwerbung ihren Organisationsgrad bei Dematic zu erhöhen - denn Einschnitte, wie sie der Firmenleitung vorschweben, sollen auf jeden Fall abgewendet oder durch einen entsprechenden Sozialplan (Erhöhung der Abfindungsangebote, längere Laufzeit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft usw.) abgefedert werden.