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19.05.2024, 11:05 Uhr

Generation Dauerpraktikum

  • 22.03.2007
  • Jugend

Der Saarbrücker BWL-Professor Christian Scholz warnt Unternehmer vor dem Modell Endlospraktikum. Es sei nicht nur rufschädigend, sondern berge auch versteckte Kosten.

Studierende und HochschulabsolventInnen finden den aktuellen Umgang mit der Ressource Praktikant schon lange nicht mehr lustig. Neu in der Diskussion ist der Einwurf, dass Dauerpraktikanten auf lange Sicht auch dem Unternehmen schaden. Christian Scholz, Professor für Betriebswirtschaft und Personalexperte warnt Firmen vor dem unüberlegten Einsatz von Praktikanten, die billig andere Arbeitskräfte ersetzen. Der <link http: www.spiegel.de unispiegel jobundberuf _blank>Spiegel online berichtete über das Thema.

Auf den ersten Blick sind Praktikanten eine tolle Investition: Man zahlt ihnen wenig oder nichts. Sie erledigen die Arbeit, für die man sonst seine MitarbeiterInnen regulär bezahlen müsste. Und eine moralische Verpflichtung gegenüber den jungen, gut ausgebildeten Kräften oder gar gegenüber deren arbeitslosen älteren KollegInnen verspürt auch kaum eine Personalabteilung. Allerdings sind es nicht nur die Beschäftigten, die Nachteile in Kauf nehmen. Dauerpraktikantenstellen, die ständig mit frisch nachwachsenden Praktikanten allein zur Kostenreduzierung des Unternehmens besetzt werden, „wirken sich langfristig negativ auf den Betrieb aus“, so Christian Scholz. Zum einen werden für die ständige Einarbeitung Ressourcen von den regulären MitarbeiterInnen abgezogen. Zum anderen sinkt bei denen die Motivation, wenn sie immer wieder neue Praktikanten einarbeiten müssen. Zumal nicht wirklich geklärt ist, ob sie sich dabei nicht potentielle spätere Konkurrenz heranziehen. Und darunter leidet auch das Betriebsklima.

Geschädigt wird auf lange Sicht aber auch der Ruf des Unternehmens nach außen. Rechnet man die Praktikanten hoch, die frustriert und ohne Job das Unternehmen nach einem „Handlanger-Praktikum“ wieder verlassen, weiß man, dass diese ehemaligen MitarbeiterInnen ihren Arbeitgeber nicht in guter Erinnerung behalten werden, meint Scholz, der auch beobachtet hat, dass einige Unternehmen inzwischen zwei Typen von Praktika parallel vergeben. Zum einen werden Praktikanten eingestellt, die aus ihrem Praktikum tatsächlich etwas für sich und ihr Berufsleben mitnehmen. Solche Praktika zeichnen sich auch dadurch aus, dass PraktikantInnen mit ihren Ideen als Innovationsbringer auch der Firma nützen können. Auf der anderen Seite stehen die so genannten Dauerpraktika, die nur dazu dienen, bestimmte Routinetätigkeiten unterbezahlt von Praktikanten erledigen zu lassen.

Ein wirtschaftlicher Aufschwung wäre das sicherste Mittel, diesen Rat auch in die Tat umzusetzen. Das Modell „Dauerpraktikant“ kam schließlich erst auf, als viele gute Leute ohne Job auf dem Arbeitsmarkt waren und die Unternehmen dankbar zugriffen, weil sie dachten, sie könnten dadurch Geld sparen. Dass das auf lange Sicht gedacht nicht stimmt, muss sich in den Personalabteilungen allerdings erst noch herumsprechen.