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27.04.2024, 11:04 Uhr

Griechenland: schnelle Finanzhilfe, aber kein sozialer Kahlschlag!

  • 12.05.2010
  • Allgemein

Der Vorstand der IG Metall hat am 11. Mai in einer Erklärung seine Position zur europäischen Finanzhilfe für Griechenland deutlich gemacht. Die IG Metall unterstützt diese als Grundlage dafür, das Land vor den Folgen ungezügelter Spekulation zu schützen. Gleichzeitig kritisiert er die beabsichtigten Sparauflagen als ökonomisch falsch und sozial nicht tragbar.

Nachfolgend die <link http: www.igmetall.de cps rde xchg sid-0a456501-d28f7e45 internet style.xsl view_4557.htm _blank external-link-new-window>undefinedErklärung des IG Metall-Vorstandes vom 11. Mai 2010, die man als PDF über obenstehenden Link (IGM-Griechenland.pdf) herunterladen kann:

 

Spekulation muss in Europa verhindert werden!
Griechenland braucht schnelle Finanzhilfe,
aber keinen sozialen Kahlschlag!"

1) Die Finanzhilfe für Griechenland ist ein längst überfälliger erster Schritt, um dem Land wieder eine wirtschaftliche Perspektive zu eröffnen. Nur mit den Überbrückungskrediten kann das Land aus den Fängen der Spekulation befreit werden.

2) Die hohe Staatsverschuldung Griechenlands ist nicht der Hauptgrund der gegenwärtigen Krise. Es ist die Spekulation, die es Griechenland unmöglich gemacht hat, sich weiter auf den privaten Kapitalmärkten zu finanzieren. Auch die gezielten Desinformationen hinsichtlich der Solidität der griechischen Finanzpolitik haben dazu beigetragen, dass die Zinsen für Staatsanleihen drastisch gestiegen sind.

3) Die IG Metall hält die Sparmaßnahmen, die der IWF und die Finanzminister der Euro-Gruppe Griechenland auferlegen wollen, für den ökonomisch falschen und sozial nicht tragbaren Weg. Das geforderte Sparprogramm wird eine Abwärtsspirale in Gang setzen, von dem die Beschäftigten und ihre Einkommen negativ betroffen sein werden. Die Steuereinnahmen werden durch den erzwungenen Rückgang der Wirtschaftsleistung weiter einbrechen. Dies wirkt krisenverschärfend und –verlängernd!

4) Die IG Metall spricht sich prinzipiell gegen einen "Krisenmechanismus" aus, der über den Zwang zur Reduzierung öffentlicher Ausgaben Einschnitte in sozialstaatliche Rechte und Kürzungen von Arbeits- und Sozialeinkommen die Lasten der Finanz- und Wirtschaftskrise den Bürgerinnen und Bürgern aufbürdet. Die IG Metall unterstützt deshalb solidarisch die Aktionen der Gewerkschaften gegen das Sparprogramm!

5) Die Krise Griechenlands ist eine Herausforderung für ganz Europa. Schuld am Druck auf den Euro ist die Spekulation. An den Terminbörsen wurden Anfang Mai so viel Wetten gegen den Euro abgeschlossen wie nie zuvor gegen eine Währung. Eine erneute Spekulationswelle gegen einzelne EU-Länder darf es nicht geben. Besonders die Länder der Euro-Zone stehen vor der Aufgabe, wirksame Instrumente gegen die Spekulation einzuführen. Dazu muss der Markt für Kreditversicherungen ausgetrocknet werden. Der Handel mit Kreditausfallversicherungen (CDS) muss verboten werden. Dem Treiben der Ratingagenturen muss ein Riegel vorgeschoben werden, die EU muss so schnell wie möglich von den Finanzmärkten unabhängige Ratinginstitute unter Beteiligung der EZB schaffen. Die Banken müssen mit einer ausreichend hohen Finanztransaktionssteuer für die Kosten der Finanzkrise aufkommen.

6) Griechenlands Krise muss zu einem Ausgangspunkt für einen Kurswechsel hin zu einer nachhaltigen und solidarischen europäischen Integration werden. Die IG Metall bekennt sich ausdrücklich zu einem solidarischen und sozialen Europa! Europa braucht eine bessere wirtschafts- und finanzpolitische Koordinierung, die eine dynamische Wachstumsstrategie in den Mittelpunkt stellt. Die bestehenden Ungleichgewichte in der Eurozone müssen über einen solidarischen Ausgleichmechanismus verringert werden, Insbesondere müssen Länder mit einem Leistungsbilanzüberschuss ihren Binnenmarkt durch eine gestärkte Kaufkraft und öffentliche Investitionen stärken. Nötig ist auch ein solidarisches Ausgleichssystem zwischen stärkeren und schwächeren Ländern.

7) Am 9./10. Mai 2010 haben die Regierungschefs der Euro-Mitgliedstaaten ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Sicherung der finanziellen Stabilität der Eurozone beschlossen. Im Zentrum steht ein Europäischer Finanzstabilitätsmechanismus in einer Gesamthöhe von 500 Mrd. Euro. Der Euro-Rettungsschirm ist eine notwendige Maßnahme, um den Spekulanten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Allerdings weist er noch Konstruktionsmängel auf: Die geplante Zweckgesellschaft, deren Kredite von den Euro-Mitgliedstaaten verbürgt werden sollen, setzt der bisherigen Praxis der Finanzierung der Staatsfinanzen über den Kapitalmarkt nicht genug entgegen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat angekündigt, angesichts der Eurokrise zum ersten Mal in den Handel mit Staatsanleihen einzugreifen. Der Aufkauf von Staatsanleihen am Markt ist ein der Situation angemessener erster Schritt. Der finanziell günstigste und richtige Weg der Finanzhilfe wäre aber der
direkte Erwerb von Staatsanleihen am Primärmarkt. So lange dies vertraglich nicht realisiert werden kann, fordert die IG Metall den Aufbau einer „Europäischen Bank für öffentliche Anleihen“, die Staatsanleihen der Euroländer erwerben kann.

8) Die IG Metall wird verstärkt darauf einwirken, dass unter Beteiligung und Aktivierung der europäischen Gewerkschaftsbünde die Informationen zwischen den Gewerkschaften und die Koordinierung der gewerkschaftlichen Gegenmaßnahmen intensiviert werden.