Siemens Dialog
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14.05.2024, 16:05 Uhr

Kündigung auf Biegen und Brechen

  • 14.10.2008
  • Konzern

Der Feldzug der Homburger Geschäftsleitung von Fujitsu Siemens Computers in Bad Homburg gegen einen IG Metall-Betriebsrat geht weiter: Nach einem zwischenzeitlichen Rückzieher will sie ihm nun doch wieder kündigen. Als Grund wird eine Formalität vorgeschoben.

Wie der Siemens Dialog bereits am sechsten Oktober berichtet hatte (siehe Massive Behinderung der Betriebsratsarbeit), geht es um den Fall von Arno Schwarzkopf. Der langjährige FSC-Betriebsrat war im Zuge der Umstrukturierungen in den Bad Homburger Betrieb versetzt worden und dort nicht mehr freigestellt. Als engagiertes IG Metall-Mitglied, unter anderem gehört er dem Frankfurter Ortsvorstand an, war und ist er manchen seiner Vorgesetzten offenbar ein Dorn im Auge.

Offiziell auf Grund eines Verstoßes gegen die betriebliche Gleitzeitregelung wollte man ihm bereits einmal kündigen. Die Begründung klang allerdings schon damals wenig überzeugend: Um auch als nicht-freigestellter Betriebsrat seinem Ehrenamt im Ortsvorstand nachkommen zu können, nahm Schwarzkopf über längere Zeit rund vier Stunden pro Monat von seinem Gleitzeitkonto in Anspruch; verständlich angesichts des geringen Umfangs und der Annahme, die laufenden Einigungsversuche zwischen ihm, der IG Metall und der Geschäftsführung würden zu einem sinnvollen Ergebnis führen.

Als sein Saldo um 24 Stunden über der formalen Grenze von 20 Minusstunden lag, reichte die Geschäftsleitung unerwartet ein Kündigungsbegehren beim Betriebsrat ein. Das Gremium widersprach dem Antrag, parallel zog ihn die Geschäftsleitung zurück - aus formalen Gründen, wie es hieß. Die Vermutung, tatsächlich habe man sich in der Chefetage eines besseren besonnen, erwies sich jedoch nun als falsch: Mittlerweile liegt dem Betriebsrat erneut ein Kündigungsbegehren gegen Schwarzkopf vor.

Was der Frankfurter IG Metall-Sekretär und FSC-Betriebsbetreuer Martin Weiß verständlicherweise als Versuch einstuft, durch die Hintertür einen unbequemen Interessenvertreter loszuwerden, geht damit in eine neue Runde. Der Betriebsrat hat der Kündigung erneute widersprochen, so dass die Geschäftsleitung sich die Zustimmung ersatzweise beim zuständigen Arbeitsgericht holen muss. Auch ohne arbeitsrechtliche Fachkenntnisse scheint dieses Vorgehen nicht sehr aussichtsreich - einen Mitarbeiter nach fast 30 Jahren Firmenzugehörigkeit wegen einiger Minusstunden zuviel ohne Federlesens hinauszuwerfen, dürften auch die Richter vermutlich als Schuss weit über das Ziel hinaus bewerten.