Siemens Dialog
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14.05.2024, 10:05 Uhr

Massive Behinderung der Betriebsratsarbeit

  • 06.10.2008
  • Konzern

Fast 30 Jahre war Arno Schwarzkopf bei Siemens beziehungsweise Rechtsnachfolgern, neun Jahre freigestellter Betriebsrat, seit elf Jahren ist er Mitglied des IG Metall-Ortsvorstandes in Frankfurt. Dann wollte Fujitsu Siemens Computers den engagierten Interessenvertreter per außerordentlicher Kündigung loswerden. Der Vorwand: Überziehung des Gleitzeitkontos.

Lässt sich durch den Druck nicht klein-<br>kriegen: Arno Schwarzkopf.

Seit Oktober 2007, dem Übergang der Fujitsu Siemens Computers IT Produkt Services GmbH in die Bad Homburger Fujitsu Siemens Computer GmbH, ist Schwarzkopf nicht mehr freigestellt, sondern reguläres Betriebsratsmitglied. Seither ist er erheblichem Druck von Seiten seines Arbeitgebers ausgesetzt., wenngleich man sich die Kündigungsabsicht noch einmal überlegt hat.

Kündigung - wegen vier Stunden im Monat?

Als Anlass für den Konflikt schiebt die Firmenleitung Schwarzkopfs ehrenamtliche Tätigkeit als Ortsvorstandmitglied der IG Metall Frankfurt und die damit verbundene notwendige Freistellung von der Arbeit vor. Trotz mehrerer Gespräche zwischen ihm, der IG Metall und der Firmenleitung ist letztere nicht bereit, ihn für die Ausübung seiner Tätigkeiten freizustellen. Die hartnäckige Weigerung ist schwer nachzuvollziehen, denn es geht um gerade einmal durchschnittlich vier Stunden im Monat, für welche die IG Metall natürlich den Gehaltsausfall übernehmen würde.

Während eine Einigung noch ausstand, nahm Schwarzkopf die Termine im Ortsvorstand weiter wahr und nutzte dazu die Möglichkeit, diese Zeit auf sein Gleitzeitkonto laufen lassen. Genau dies wirft die Firma ihm nun vor: Laut Gleitzeitbetriebsvereinbarung dürfte er bis zu 20 Stunden ins Minus gehen, durch die Tätigkeit im Ortsvorstand ist der Saldo aber auf 44 Stunden angewachsen. Das schien erst einmal für niemanden ein Problem zu sein, da die Firmenleitung im März signalisiert hatte, einem Vorschlag der IG Metall zuzustimmen.

Im Mai jedoch wurde Schwarzkopf überraschend abgemahnt, weil er die Gleitzeitbetriebsvereinbarung verletzt habe, und damit nicht genug: Am 23. Juni legte FSC dem Betriebsrat ein außerordentliches Kündigungsbegehren mit der selben Begründung vor und sprach nunmehr von "beharrlicher Arbeitsverweigerung." Für den Betriebsrat liegt der Fall klar - er hat dem Begehren widersprochen und einen detaillierten Widerspruch formuliert. Die Firmenleitung müsste sich also die Zustimmung per Gerichtsentscheid ersetzen lassen.

Massive Behinderung

Für den Betriebsrat und die IG Metall stellt der Vorgang eine massive Behinderung von Betriebsratstätigkeit dar. Dafür spricht einiges, denn selbst persönliche Sanktionen sind mittlerweile an der Tagesordnung. Schwarzkopf muss sich täglich zu Arbeitsbeginn und -ende melden, während dies üblicherweise auf dem Gleitzeitbeleg dokumentiert wird. Seine Tätigkeit als Betriebsrat wird kontrolliert, Kollegen werden über seinen Aufenthaltsort befragt, wenn er sich zur Betriebsratstätigkeit abmeldet.

Parallel setzt man Schwarzkopf unter Druck, Informationen über die Inhalte seiner Betriebsratstätigkeit sowie die Namen seiner Gesprächspartner an die Firmenleitung weiterzugeben, wenn er beratend tätig ist. Da vier-Augen-Dialoge mit Vorgesetzten im Nachhinein inhaltlich verändert dargestellt werden, finden Gespräche jetzt nur noch im Beisein eines weiteren Betriebsratsmitglieds statt.

Eklatanter Bruch des Vertrauensverhältnisses

Der eklatante Bruch des Vertrauensverhältnisses und die implizierten Verstöße gegen geltendes Recht sind aus Sicht der IG Metall ein Beleg für das vorrangige Ziel der Verantwortlichen im Unternehmen: die Entfernung eines langjährigen Mitarbeiters und eines Gewerkschaftsmitgliedes, die nun in der außerordentlichen Kündigung ihren Höhepunkt finden soll.

Aus Sicht der IG Metall Frankfurt, die sich mit dem Fall jetzt an die Öffentlichkeit gewandt hat, soll nicht nur Schwarzkopf selbst, sondern die IG Metall als Gewerkschaft bei FSC getroffen werden: "Es ist unglaublich, dass sich innerhalb des Siemens-Konzerns, der ja durch die AUB-Schmieren-Geschäfte wenigstens etwas gelernt haben sollte, weiterhin solche Szenarien abspielen."